Do., 25.09.2025 , 10:15 Uhr

Bürokratische Hürden trotz gesetzlicher Anerkennung

2017 Gesetzlich vereinbart: Sozial- und Krankenversicherungen für Escort-Arbeiterinnen

Das Gewerbe der Prostitution löst wahrscheinlich schon seit einigen tausenden Jahren immer wieder kontroverse Debatten aus. Oftmals wird auch heute noch Sexarbeitern der Zugang zu einer Sozial- und auch zu einer Krankenversicherung verwährt, obwohl  seit dem 1. Juli 2017 das sogenannte Prostituiertenschutzgesetz (das auch kurz ProstSchG genannt wird) in Kraft trat, das die Prostitution, sowie Escort als offizielle Tätigkeit anerkennt (sexuelle Handlung gegen Entgelt).

Denn wenngleich in Deutschland die Pflicht zur Krankenversicherung besteht, verwehren viele Krankenversicherungen Sexarbeitern den Zutritt, indem es extrem komplizierte bürokratische Hürden gibt. Trotzdem wollen nicht alle Escorts und Sexarbeiter bei einem Arbeitgeber angestellt sein. Zumal auch viele Zuhälter bevorzugen, wenn die Sexarbeiter auf selbstständiger Basis arbeiten. Ansonsten müssten sie sich darum kümmern, die Beiträge für sie zu zahlen und sie kranken zu versichern. Auch Escort-Agenturen arbeiten lieber mit Selbstständigen zusammen. Doch es gibt auch Agenturen wie MyDivine, bei denen die Escort-Damen fest angestellt sind.

Vorteile “Angestellter” Sexarbeiter

Zunächst einmal sollte an dieser Stelle erwähnt werden, dass Betreiber von Prostitutionsgewerben die Erlaubnispflicht einholen müssen, die sie dazu befähigt, Sexarbeiter zu beschäftigen. Oft ist das mit großem Aufwand verbunden und nicht immer sind Zuhälter dazu bereit, all diese Schritte zu gehen und Auflagen zu erfüllen, “nur” um ihren Sexarbeitern den Zugang zur Sozial- und Krankenversicherung zu ermöglichen. Sollten sich Zuhälter jedoch dazu entscheiden, ein Gewerbe anzumelden, muss er für diese Zwecke gewisse Zuverlässigkeitsanforderungen erfüllen und zudem nachweisen, dass alle geltenden gesetzlichen Mindestanforderungen an den Betrieb erfüllt und eingehalten werden. Erst, wenn das der Fall ist, können Zuhälter ihre Escorts offiziell anstellen. Escort-Agenturen, die ihre Mitarbeiter fest anstellen, müssen in diesem Zusammenhang jedoch auch weitere Aspekte beachten und im Hinterkopf behalten. Denn das ProstSchG sieht einige gesetzliche Bestimmungen vor, an die sich Zuhälter halten müssen und von denen die beschäftigten Sexarbeiter profitieren. Dazu zählen unter anderem die Folgenden:

Die Anmeldepflicht

Es ist wichtig, dass sich Prostituierte bei den zuständigen Behörden anmelden. Diese Anmeldung muss dabei persönlich erfolgen und ist nicht nur einmal zu machen, sondern sie muss jedes Jahr aufs Neue wiederholt werden. Grund für diese regelmäßige Anmeldung ist, dass auf diese Weise sichergestellt werden möchte, dass es sich wirklich um eine offiziell registrierte Tätigkeit handelt und dass die angemeldeten Sexarbeiter auch den Zugang zu den rechtlichen und gesundheitlichen Schutzmaßnahmen erhalten.

Bei der Anmeldung ist es Pflicht, sich durch ein gültiges Ausweisdokument auszuweisen, damit unter anderem auch sichergestellt werden kann, dass die Sexarbeiter das Mindestalter von 18 Jahren besitzen.

Die gesundheitliche Beratung

Ein weiterer Aspekt offiziell angemeldeter Sexarbeiter ist die gesundheitliche Beratung. Diese ist nicht nur optional, sondern obligatorisch. Genau wie die Anmeldung, muss auch diese Beratung in regelmäßigen Abständen wiederholt werden. Innerhalb dieser gesundheitlichen Beratung werden Themen wie:

besprochen.

Die Dokumentationspflicht

Es ist die Aufgabe der Betreiber, sicherzustellen, dass die Nachweise über die gesetzlich verpflichtenden:

vorliegen. Zudem ist es die Pflicht eines Betreibers, all die Dienstleistungen detailliert aufzustellen, damit diese nachvollzogen werden können.

Die Beitrags- und Sozialversicherungspflicht

Betreiber müssen unter anderem sicherstellen, dass:

Alles in allem haben angestellte Prostituierte genau die selben Rechte und auch Pflichten wie andere Arbeitnehmer auch. Unter anderem haben sie in diesem Zusammenhang das Recht auf:

All diese gesetzlichen Bestimmungen und Regeln führen nicht selten dazu, dass es die meisten Zuhälter vorziehen, ihre Escorts und Sexarbeiter lieber gar nicht erst offiziell anzustellen. Womit er zudem nun auch kaum noch Verantwortung für seine Mitarbeiterinnen übernehmen muss. Solche Konstelationen bringen viele Sexarbeiter und Escorts in die Situation, sich selbstständig zu melden. Somit müssen sich die meisten von ihnen auch selbst mit der Sozial- und Krankenversicherung auseinandersetzen. Das ist in diesem Gewerbe ein wirklich großer Aufwand und oft gar nicht so einfach zu stämmen.

Krankenpflichtversicherung auch für selbstständige Sexarbeiter

Wenn Sexarbeiter nicht angestellt sind, müssen sie sich also selbstständig melden und sich in diesem Zusammenhang auch selbst um die Sozial- und Krankenversicherung kümmern, was ihnen regelrecht schwer gemacht wird. Die Wahl besteht dabei zwischen der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung. Zwischen einer dieser beiden Optionen müssen selbstständige Sexarbeiter wählen, da es in Deutschland Pflicht ist, krankenversichert zu sein. Sowohl die gesetzliche als auch die private Krankenversicherung kann für selbstständige Sexarbeiter eine große Hürde sein, was teils an den Anforderungen der Gesetzlichen Krankenversicherungen oder auch den Fristen für den Abschluss einer privaten Krankenversicherung liegen kann, die in der Regel sehr komplex sind. Zudem weigern sich immer noch sehr viele Krankenversicherungen, eine Versicherung für Prostituierte anzubieten. Folglich sind Sexarbeiter, was diese Versicherung anbelangt, stark benachteiligt. Zudem führt dieser Umstand auch dazu, dass heute sehr viele freiberufliche Escorts nicht krankenversichert, falsch krankenversichert oder nicht als Sexarbeiter krankenversichert sind. Gleichzeitig verlangen Versicherungen aber, dass bei dem Abschluss der Krankenversicherung die korrekte Berufsbezeichnung angegeben wird. Aus Verzweiflung, weil sie oft keine Krankenversicherung finden, geben Escorts eine andere Berufsbezeichnung oder gar keine Berufsbezeichnung an. Allerdings kann das durchaus ein großes Risiko sein. Das heißt jedoch nicht, dass Sexarbeiter damit alleine gelassen werden. Beratungsstellen, wie die Mitglieder des “Bündnisses der Fachberatungsstellen” unterstützen selbstständige Sexarbeiter dabei, eine Krankenversicherung zu finden. Sollte die Suche nach einer Krankenversicherung dennoch vergebens bleiben, gibt es für die Escorts die Möglichkeit, sich an “6profisCARE” zu wenden, wo ihnen der Zugang zu gesundheitlicher, finanziellen und auch rechtlicher Sicherheit ermöglicht wird.

Sozial versichert?

Durch die Tatsache, dass das ProstSchG gilt, können selbstständige Escorts auch in die Sozialversicherung selbstständig einzahlen, wobei es immer sinnvoll ist, sich bei den entsprechenden Stellen zu melden, um dort zu besprechen, welche Zahlungen in welcher Höhe erfolgen. Alles in allem ist es für Escorts vor allem mit der Krankenversicherung alles andere als leicht. Wenngleich es das ProstSchG gibt, das die Sexarbeit als offiziellen Beruf anerkennt, scheitert es oft immer noch an der gesellschaftlichen Auffassung, die Sexarbeit als kontrovers ansieht, was sich auch in den Versicherungen widerspiegelt. Und solange Zuhälter weiterhin kein wirkliches Interesse an der Gesundheit ihrer Sexarbeiter haben und sie somit auch nicht fest anstellen, wird wohl keine Besserung dieser Situation in Sicht sein. Allerdings stehen selbstständige Escorts nicht alleine da und können sich von entsprechenden Beratungsstellen helfen und unterstützen lassen, um so auch einen Zutritt zu der Sozial- und Krankenversicherung zu erhalten.