Di., 08.07.2025 , 13:27 Uhr

Der Lern- und Gedenkort war für rund 30.000 politische Gefangene der DDR das Tor zur Freiheit

Kaßberg-Gefängnis: Erinnerungskultur unter Finanzdruck

Chemnitz- Wo einst über 30.000 politische Gefangene ihre Freiheit erlangten, wird bis heute an die dunklen Kapitel deutsch-deutscher Geschichte erinnert. Doch der Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis steht trotz gesicherter Mittel weiter vor großen finanziellen Herausforderungen. Warum das ehemalige Tor zum Westen jetzt auf Fördervereine, Spendenbereitschaft und politische Unterstützung hofft – und was das für die Erinnerungsarbeit in Chemnitz bedeutet.

Er war für über 30.000 politische Gefangene das Fenster zum Westen – die letzte zu nehmende Hürde auf dem Weg in die Freiheit: das Kaßberg-Gefängnis als Abwicklungsort des Häftlingsfreikaufs der DDR.
Hier wurde der Menschenhandel vorbereitet, der dem klammen Regime harte Devisen in die Kassen spülte. Ein Lern- und Gedenkort erinnert heute an dieses Geschäft durch den eisernen Vorhang – so zum Beispiel im Juni, im Rahmen einer Veranstaltung am 17. Juni, dem Jahrestag des gewaltsam niedergeschlagenen Aufstands im Arbeiter- und Bauernstaat. Ebenfalls im Juni entschied sich die Zukunft der Gedenkstätte: Der vom Sächsischen Landtag verabschiedete Doppelhaushalt für 2025/2026 in Höhe von insgesamt 50,2 Milliarden Euro sichert den Fortbestand der Einrichtung – und damit auch den von Nicole Jassner-Sehning. Für das Vorstandsmitglied des Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis e.V. hätte ein Wegfall der benötigten Fördergelder im schlimmsten Fall das Aus auf dem Kaßberg bedeutet.

Mit der Einigung im Sächsischen Parlament an der Elbe ist aus Sicht von Jassner-Sehning allerdings ein adäquater Betrieb der Einrichtung kaum möglich. Zwischen beantragten und bewilligten Fördermitteln klafft eine Lücke in sechsstelliger Höhe. An Interesse an der Arbeit mitten in einem der größten Gründerzeit- und Jugendstilviertel Deutschlands mangele es laut Nicole Jassner-Sehning nicht – auch nicht von politischer Seite. Das sei wichtig, allerdings brauche die Einrichtung auch mehr direkte finanzielle Unterstützung. Darüber hinaus fehle die Möglichkeit, über den Tellerrand hinauszublicken. Der Name sagt es: Doppelhaushalt für 2025/2026. Darüber hinaus befürchtet das Vorstandsmitglied, künftig mit den gleichen Sorgen konfrontiert zu werden.

In Zukunft soll ein neu gegründeter Förderverein für mehr finanzielle Planbarkeit sorgen. Wenn das funktioniere, könne der laufende Betrieb unterstützt werden. Das würde an der Kasse wohl für Entlastung der Ehrenamtlichen sorgen – denn wenn alles gut liefe, könnten sogar neue Stellen geschaffen werden.