Leipzig trauert um eine seiner prägendsten Persönlichkeiten: Friedrich Magirius, evangelischer Theologe, Vermittler und Ehrenbürger der Stadt, ist am Montag im Alter von 95 Jahren verstorben. Als Seelsorger, Friedensstifter und Stimme der Vernunft prägte er entscheidend die Jahre vor, während und nach der Friedlichen Revolution.
Geboren am 26. Juni 1930 in Dresden, entschied sich Magirius früh für ein Theologiestudium und trat 1958 seine erste Pfarrstelle im heutigen Chemnitzer Ortsteil Einsiedel an. Doch seine Wirkung reichte weit über das klassische Gemeindeleben hinaus.
Von Beginn an war sein Leben dem Ausgleich gewidmet – zwischen Konfessionen, zwischen gesellschaftlichen Gruppen, zwischen Macht und Moral. Als Leiter der Aktion Sühnezeichen in der DDR (1974–1982) engagierte er sich für die Versöhnung mit den durch Nazideutschland geschädigten Ländern, insbesondere mit Polen, wo ihm später die Stadt Kraków die Ehrenbürgerwürde verlieh.
Seine wohl bedeutendste Rolle übernahm Magirius als Superintendent des Kirchenbezirks Leipzig-Ost von 1982 bis 1995. Inmitten der gesellschaftlichen Spannungen der späten DDR war er Ansprechpartner für Basisgruppen, verhandelte mit staatlichen Organen und suchte stets den Dialog statt der Konfrontation.
Gemeinsam mit Nikolaikirchenpfarrer Christian Führer trug er Mitverantwortung für die Leipziger Friedensgebete, aus denen die Montagsdemonstrationen hervorgingen – Herzstück der Friedlichen Revolution. Dabei verstand sich Magirius als Vermittler zwischen Bürgerrechtlern und Staatsmacht. Diese Haltung brachte ihm Achtung, aber auch Kritik ein: Als er den Oppositionsgruppen die Gestaltung der Gebete entzog, fühlten sich viele Aktivisten übergangen. Doch Magirius blieb seiner Linie treu. „Als Christ sitzt man immer zwischen den Stühlen. Christus wurde dafür ans Kreuz geschlagen.“
Auch nach der Wende blieb er eine Stimme des Ausgleichs und engagierte sich kommunalpolitisch in Leipzig. Für seine Lebensleistung erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, darunter die Ehrenbürgerwürde der Stadt Leipzig.
Mit Friedrich Magirius verliert die Stadt einen ruhigen Gestalter, der in bewegten Zeiten Brücken statt Barrikadenbaute. Sein Wirken bleibt ein eindrucksvolles Zeugnis dafür, wie Glaube, Mut und Besonnenheit Geschichte mitgestalten können.