Do, 08.02.2018 , 16:41 Uhr

Keine Schulz-Fans in Dresden? Passanten vom (eventuell) neuen Kabinett nicht angetan

Dresden - Martin Schulz (SPD) will nun doch einen Ministerposten im Kabinett unter Angela Merkel (CDU) übernehmen. In Dresden zeigten sich davon wenig Menschen überrascht. Überhaupt scheint der Politiker in der Landeshauptstadt nur wenige Anhänger zu haben. Florian Glatter hat sich umgehört.

Kritische Stimmen zum Koalitionsvertrag

Was bedeutet der Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD auf Bundesebene für Sachsen und den Osten? Dazu erklärt Rico Gebhardt, Vorsitzender der Fraktion die Linke:
Der Osten ist raus – nicht nur personell in der Ministerriege nicht mehr vertreten. Auch inhaltlich auf null gefahren: „Ostdeutschland“ kommt im Koalitionsvertrag nicht vor, der „Osten“ nur als Wortbestandteil von „Kosten“. Wo ist eigentlich Martin Dulig gewesen, der als Ostbeauftragter der SPD die Interessen der Menschen in Ostdeutschland stärker zu Gehör bringen wollte? Offenbar ist seine Stimme bei den Koalitionsverhandlungen nicht durchgedrungen. 

Die Nachverhandlungen zu den mageren Sondierungsergebnissen, die ja die knappe Mehrheit des SPD-Bundesparteitags als Bedingung zur Zustimmung beschlossen hatte, haben wohl faktisch so gut wie nicht stattgefunden. Der einzige Sinn und Zweck des Verhandlungsergebnisses besteht offenkundig darin, möglichst viele führende GroKo-Anhänger mit einem Ministeramt zu versorgen. So fürsorglich geht die SPD mit den Menschen in Ostdeutschland nicht um, deren berechtigte Rentenansprüche aus ihren Arbeitsjahren nicht anerkannt werden – wo ist der „Gerechtigkeitsfonds“, für den sich Sachsens Integrationsministerin Köpping eingesetzt hat? Vielleicht hätte besser sie den Job der Ostbeauftragten in der SPD übernommen. Für Sachsen und den Osten ist dieser Koalitionsvertrag eine einzige Enttäuschung.

Zur Mitteilung „Umfangreiches Maßnahmenpaket im Kabinett besiegelt“ der Staatsregierung erklärt Rico Gebhardt, Vorsitzender der Fraktion die Linke:
Kretschmer und Dulig verkaufen nunmehr zum dritten Mal Ankündigungen. Der Schritt von der Realsatire zur Peinlichkeit ist allerdings allmählich überschritten. So erfährt man etwa beim Thema „Verfolgung von Mehrfachintensivtätern“, dass die „Erstellung eines Konzeptes (…) eingeleitet“ worden sei. Allein neun Mal wird im „zusammenfassenden Überblick“ irgendetwas „auf den Weg gebracht“. Von realem Tatendrang kann bisher keine Rede sein.

16 Zeilen für das Familienrecht

Gerade einmal so viel Platz wurde dem "Familien- und Abstammungsrecht" im 177 Seiten langen Koalitionsvrtrag zugebilligt. Der Vorsitzende des Landesverbandes Unterhalt und Familienrecht, Rechtsanwalt Klaus Zimmer kritisiert:"Enttäuschend vom Umfang her, aber auch in Bezug auf Konfliktlösung bei Trennung und Scheidung nichts neues, keine dringend notwendigen Impulse für mehr Mediation, mehr Einvernehmen, mehr lösungsorientierte Beratung, kein modernes Leitbild, gemeinsame Elternschaft ja, aber dann nicht, wenn einer nicht will und beharrlich nein sagt".
Im Wahlkampf hatte Martin Schulz sich ausdrücklich zum Wechselmodell bekannt, aber auch Politiker aus der Union zeigten sich nicht abgeneigt. „Es ist desillusionierend, dass der Koalitionsvertrag darauf überhaupt nicht eingeht“, kritisiert Pressesprecher Josef Linsler. 
Das Familienrecht wird im Koalitionsvertrag missachtet. Keine Impulse für gemeinsame Elternschaft nach Trennung und Scheidung, die Bundesländer sind innovativer. Das wichtigste Projekt für die ,nächsten vier Jahre wird wohl nur die überfällige Reform des Abstammungsrechts. Ansonsten gilt das Motto: Weiter so, Konflikte, Ungerechtigkeiten ausblenden, so der Pressesprecher.

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