Do, 08.11.2018 , 19:35 Uhr

Debatten zu Antisemitismus und Nachwuchs im Landtag

Dresden - Die Parteien debattierten am Donnerstag im Landtag über die Themen: "Antisemitismus gestern und heute - warum die Reichspogromnacht nicht nur Geschichte ist" und "Willkommenskultur für Kinder - unsoziale Regierungspolitik beenden".

Es ist fast genau 80 Jahre her. Die Reichsprogromnacht war der Höhepunkt antisemitischer Aktivitäten im zweiten Weltkrieg. Aktuell kommt es im land immer wieder zu rassistisch oder antisemitisch motivierter Gewalt. Aus diesen Anlässen tauschten sich die Parteien am Donnerstag im Landtag aus. 

Lesen Sie hier die Aussagen der Parteien über das Thema. Da CDU und SPD die Debatte beantragt hatten, begann die CDU:

Die Reichsprogromnacht hat den Übergang von der Diskriminierung von Juden zur systematischen Verfolgung markiert. Auch nach 70 Jahren ist immer noch die Debatte um Israel und das jüdische Leben in Deutschland von Nichtwissen und Halbwissen geprägt und dominiert. Diese Wissenslücken führen zu einem latenten Antisemitismus. Und der Antisemitismus, mit dem wir es heute oft zu tun haben, der versteckt sich häufig hinter Israelkritik und hinter Antizionismus. (Ines Springer)

SPD: "Wir müssen schmerzlich feststellen, dass jahrzehntelanges Gedenken nicht zwangsläufig mit einer Immunisierung gegen Antisemitismus einhergeht. Gut gemeinte, kernige Aussagen wie 'keine Toleranz den Intoleranten' verfehlen ihre Wirkung, weil sie phrasenhaft sind oder zu abstrakt wirken, weil Vorurteile sich längst wieder breit gemacht haben." (Hanka Kliese)

Die Grünen stellen fest, "[...] dass es unerträglich ist, dass auch im jahr 2018 in unserem Land - auch in Sachsen - Synagogen, jüdische Kindergärten, jüdische Restaurants, wie das 'Schalom' in Chemnitz und Gemeindehäuser von Sicherheitskräften beschützt werden müssen. Es ist unerträglich für uns, dass offen antisemitische Parolen auf Demonstrationen skandiert und gegen Israel gehetzt wird." (Petra Zais)

Ein Thema dabei war auch rechtsmotivierter Antisemitismus. Fast alle der in Sachsen begangenen Antisemitischen Straftaten seien rechtsmotiviert gewesen.

Die AfD entgegnete darauf, dass solche Statistiken weiter analysiert werden sollten, da die Straftaten oft unrechtmäßig als rechtsmotiviert eingeordnet werden. Es seien außerdem nicht nur Deutsche die Probleme: "Es gibt viele Juden, die heute wieder aus Deutschland auswandern wollen und ich verweise dabei auf den ARD-Antisemitismusreport vom 05.11.2018. Wo 78% der befragten Juden in Deutschland angaben, auswandern zu wollen. Diese wollen - ihrer Kinder wegen nach Israel ziehen - aus Angst vor Prügel und Mobbing an deutschen Schulen. Die Bedrohung kommt dabei jedoch nicht von Deutschen, sondern von prügelnden Muslimen." (Sebastian Wippel)

Die Linke sprach sich für eine/n 'Antisemitismusbeauftragte/n' aus. "Uns geht es darum, dass wir ein Zeichen setzten - gemeinsam als sächsisches Parlament - dass wir so einen Antisemitismusbeauftragte/n - wo auch immer sie angesiedelt ist - ob in der Staatskanzlei, beim sächsischen Landtag oder von mir aus als gemeinsames Gremium - dass wir so etwas einrichten wollen. Gemeinsam als demokratische Kräfte, weil wir sollten gelernt haben: Wegschauen, weghören, tolerieren, ja akzeptieren, Ausgrenzung von bestimmten Bevölkerungsgruppen kann wieder zu Auschwitz führen. Das kann niemals unser gemeinsames Ziel sein. (Rico Gebhardt)

Auch die Staatsregierung äußerte sich, dass Antisemitismus nicht toleriert werden könne. Die Jüdische Gemeinschaft gehöre zu Deutschland und zu Sachsen.

Das zweite Thema in der Aktuellen Stunde "Willkommenskultur für Kinder - Unsoziale Regierungspolitik beenden" wurde von der AfD eingereicht. Heutzutage können sich einige Familien keine Kinder oder die richtige Ausbildung dieser leisten. Manchmal verfallen Familien sogar in die sogenannte 'Kinderarmut'. Dies waren wichtige Punkte dieser Debatte. Als Antragseinreicher begann die AfD die Debatte.

 

Die AfD möchte mehr Förderprogramme für werdende und junge Eltern. So sollen Schwangerschaftsabbrüche vermieden werden und der sinkenden Geburtenrate, sowie der Überalterung Sachsens entgegengewirkt werden. Deshalb soll vor allem eine "Kindermutmachprämie" von 5000 eingeführt werden. Sie fordern mehr finanzielle Unterstützung für Kinder, um eine "Wahlfreiheit der Kinderbetreuung" zu gewährleisten. Es schafft auch bessere Möglichkeiten für die Hausbetreuung, was wiederum Kitas entlasten würde. Weiterhin wären sie für die Einführung eines 'Familienpasses'.

Die CDU begann ihre Redezeit mit Kritik an dem Vorgehen der AfD. Die meisten der vorgestellten Ideen wurden schon früher von Parteien wie CDU und SPD bearbeitet. Von der AfD jedoch seien bisher jedoch keine ähnlichen Anträge gekommen. Die Regierung habe bisher schon einiges erreicht und gute Möglichkeiten geschaffen, die vor Armut schützen. So gäbe es viele staatliche Unterstützungen, das Baukindergeld von 12.000€ sei ein Schritt zum Wohneigentum und der Rückkehr in Teilzeit nach der Elternzeit biete auch viele Möglichkeiten. Zudem sei eine Hauserziehung nicht notwendig, da es ausreichend Kinderbetreuungsplätze gäbe.

Die Linke hat sich umfangreicher zu dem Thema der AfD geäußert. Zum Thema 'Schwangerschaftsabbruch' und der Vorbeugung dessen meinten sie, das Frauenbild habe sich geändert und Männer können nicht mehr über Frauen entscheiden. Sie verkörpern ein altes Familienbild und durch die Angstverbreitung mit 'Kinderarmut' würden sie mit Emotionen spielen. Die Geburtenrate habe sich nicht geändert, sondern sei im Trend seit 2015 gestiegen. Die Anzahl der Kinder werde nicht von der Hautfarbe, sondern von den sozialen Verhältnissen abhängig. Das Problem dafür, dass sich nicht jeder ein Kind leisten könne, liege im Kapitalismus. Es soll mehr gegen die 'finanzielle Unsicherheit durch Kinder' getan werden. Die Linke fordert daher mehr Kita- und Schulplätze, bessere Infrastruktur, höheres Kindergeld, Unterstützung für Alleinerziehende und flexiblere Arbeitszeiten.

Die SPD begann auch damit, dass Sachsen in den vergangenen Jahren im Deutschlandvergleich Spitzenreiter in den Geburtszahlen war. 2015/16 sei sogar besonders hoch gewesen, durch Kinder von Immigranten. In Sachsen gibt es mehr Kinder pro Frau auf jeden Fall höher als im Westen. Dies läge vor allem daran, dass im Osten weniger Druck auf die Eltern herrscht. Dieses besondere kulturelle Umfeld erlaubt es auch dem vater, länger beim Aufwuchs der Kinder anwesend zu sein und eine bessere Bindung aufzubauen. Alles in allem, so die SPD, haben wir in Sachsen eine gelungene, zeitgemäße Willkommenskultur, in der sogar Adoptionen von gleichgeschlechtlichen Paaren erlaubt sind.

Die Grünen thematisierten auch zuerst die Politik der AfD. Sie sagten, die AfD ünterstütze nur die völkisch-nationale-heterogene Kinderzeugung und hätte allgemein Probleme mit sexueller Vielfalt in der Bevölkerung. Die AfD biete keine Lösung für Kinder- und Altersarmut. Sie sollen endlich aufhören, die Gesellschaft zu und Europa zu spalten und den Klimawandel zu leugnen.
Die Grünen sind für eine Kindergrundsicherung, für die Unterstützung und Entlastung von Familien, mehr bezahlbaren Wohnraum und sie heißen alle Kinder willkommen, egal welcher Herkunft.

Die Staatsregierung hielt die Abschlussrede. Dresden stehe für eine Willkommenskultur, in der sich familien wohlfühlen können und Kinder als wichtigster Schatz unserer Gesellschaft angesehen werden. Familien benötigen gesellschaftliche Anerkennung und Unterstützung. Im kommenden Haushaltsplan sind 21 Millionen Euro mehr für Familien und Kinder vorgesehen. Damit stelle Sachsen große familienpolitische Leistungen zur Verfügung, welche es im Vergleich zu anderen Bundesländern nur noch Bayern gibt. Sachsen habe zudem gute Kinder-Betreuungs-Quoten von über 50% bei Kindern bis 2 Jahre und über 95% bei Kindern von 3-5 Jahren. Somit sei Sachsen ein gutes Land, um Kinder in die Welt zu setzen.

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