Fr, 23.03.2018 , 17:15 Uhr

Die Kriminalität in Sachsen ist gesunken

Dresden - Die Zahl der Straftaten in Sachsen ist im vergangenen Jahr gesunken. Das hat das Innenministerium in Dresden am Freitag mitgeteilt. Zwar gab es weniger Wohnungseinbrüche und Autodiebstähle. Allerdings wird das Thema Crystal immer mehr zu einem Schwerpunktthema für sächsische Polizeibehörden.

Die Zahl der Straftaten im Freistaat Sachsen ist im vergangenen Jahr gesunken. Insgesamt wurden 323.136 Fälle registriert. Das ist ein Rückgang von 0,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Gesunken sind die Anzahl der Wohnungseinbruchs- und Kraftfahrzeugdiebstähle sowie Fälle von Grenz- und Gewaltkriminalität. Demgegenüber hat sich die Zahl der registrierten Rauschgiftdelikte erhöht. Auch die Fälle von Cyberkriminalität sind gestiegen. Die Aufklärungsquote ist um 3,4 Prozentpunkte gestiegen und lag im Jahr 2017 bei 59,2 Prozent.

Innenminister Prof. Dr. Roland Wöller betonte während der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik heute in Dresden: „Wir wollen, dass die Menschen in Sachsen sicher leben. Nur auf dieser Grundlage kann sich unsere Gesellschaft entwickeln und entfalten. Sicherheit schafft Vertrauen in den Staat und ist ein Standortvorteil für Sachsen. Mit dem Personalaufwuchs bei der sächsischen Polizei werden wir diese Sicherheit weiter stärken.“

Kriminalstatistik vorgestellt

Zahl der Wohnungseinbrüche zurückgegangen
Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Wohnungseinbruchsdiebstähle in Sachsen um 13,1 Prozent auf 4.071 gesunken (2016: 4.684). Die Aufklärungsquote lag bei mehr als 20 Prozent. Insgesamt 832 Wohnungseinbrecher konnte die sächsische Polizei ermitteln. Ein Viertel der Tatverdächtigen sind Ausländer. Die Personen stammen überwiegend aus Tunesien, Tschechien und Georgien.

Kfz-Diebstähle in Sachsen rückläufig
Das dritte Jahr in Folge sind im Freistaat Sachsen weniger Kraftfahrzeuge gestohlen worden. Gegenüber dem Vorjahr sank die Zahl der Diebstähle um 383 auf insgesamt 2.503 (2016: 2.886). Die Aufklärungsquote lag bei mehr als 25 Prozent.

Gewaltkriminalität nimmt ab
Die Zahl der Delikte im Bereich Gewaltkriminalität ist im vergangenen Jahr um 8,5 Prozent auf 7.973 Fälle gesunken. Die Mehrzahl der Gewalttäter konnten durch die sächsische Polizei ermittelt werden. Die Aufklärungsquote lag bei 77,9 Prozent. Jede vierte Straftat im Bereich der gefährlichen und schweren Körperverletzung wurde durch Zuwanderer begangen.

Grenzkriminalität auf niedrigstem Stand seit zehn Jahren
Die Zahl der Straftaten in den Gemeinden entlang der sächsischen Außen-grenze zu Polen und Tschechien ist so niedrig, wie seit zehn Jahren nicht mehr. 2017 wurden 17.831 Fälle (ohne ausländerrechtliche Straftaten) registriert. Das ist ein Minus von 1,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Vergleich zum Landesdurchschnitt überrepräsentiert sind in den Grenzgemeinden Fälle von Kraftwagendiebstahl und Rauschgiftdelikte.
Entlang der 577 Kilometer Außengrenze gibt es 46 sächsische Gemeinden mit Grenzbezug, davon liegen 39 an der tschechischen und sieben an der polnischen Außengrenze.

Anzahl der Rauschgiftdelikte gestiegen
Im Jahr 2017 ist die Anzahl der Rauschgiftdelikte auf 12.207 gestiegen. Das ist ein Plus von 24,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr (2016: 9.819). Etwa jede vierte Straftat ist ein Verstoß wegen des Handels mit oder des Schmuggels von Betäubungsmitteln. Während die Fallzahlen bei Crystal nahezu konstant blieben, stieg insbesondere die Feststellung von illegalen Cannabisprodukten, wie Marihuana oder Haschisch. Die höhere Zahl der im vergangenen Jahr registrierten Straftaten ist auch durch eine höhere Kontrolldichte der Polizei zu erklären. Im Fokus stehen dabei Händler- und Schmugglerstrukturen.
Statistisch erfasst werden nur Delikte, die angezeigt oder von der Polizei durch Kontrollen entdeckt worden sind. Eine so genannte „Dunkelfeldstudie“ zum Thema Crystal soll der sächsischen Polizei deshalb zusätzliche Informationen zu Herstellung, Verbreitung und Konsum der Droge Crystal liefern. Die auf zwölf Monate angelegte Untersuchung wird von der Hochschule der sächsischen Polizei durchgeführt und soll noch im ersten Halbjahr 2018 starten.

Bedrohungspotenzial durch Cyberkriminalität weiterhin groß
Straftaten im Internet haben im Jahr 2017 auch statistisch erneut zugenommen. Die sächsische Polizei registrierte 11.173 Fälle. Das ist ein Plus von 8,8 Prozent. Auch die Zahl der Angriffe auf Datennetze stieg um 23,7 Prozent auf insgesamt 2.652 Fälle.
Viele Cyberangriffe werden allerdings von Betroffenen nicht bemerkt oder nicht bei der Polizei angezeigt. Deshalb ist von einem nicht unerheblichen Dunkelfeld auszugehen.
Laut einer forsa-Studie im Auftrag des Sächsischen Innenministeriums dürfte das reelle Bedrohungspotenzial durch Cybercrime im Freistaat bei mehr als 580.000 Fällen pro Jahr liegen. In Sachsen nutzen etwa 3 Millionen Menschen über 18 Jahre das Internet, fast jeder fünfte User war schon einmal Opfer von Schadsoftware, Identitätsdiebstahl, Internetbetrug oder digitaler Erpressung.

Zahl der Straftaten durch Zuwanderer leicht gestiegen
Die Zahl der durch Zuwanderer* verübten Straftaten hat sich in 2017 leicht erhöht. Insgesamt 19.769 Fälle (ohne ausländerrechtliche Straftaten) wurden erfasst, ein Jahr zuvor waren es noch 941 weniger. Fast ein Drittel der Straf-taten waren Diebstähle, rund 17 Prozent Körperverletzungs- und 7,7 Prozent Rauschgiftdelikte.
In Sachsen lebten im Jahr 2017 insgesamt 52.918 Zuwanderer, gegen 9.493 wurde strafrechtlich ermittelt. Eine besondere Gruppe darunter bilden mehrfach-/intensiv tatverdächtige Zuwanderer (MITA). Diese Gruppe umfasste im Jahr 2017 insgesamt 677 Personen die für 7.214 Straftaten durch Zuwanderer verantwortlich sind. Das entspricht einem Anteil von rund 35 Prozent. Die meisten MITA stammen aus Libyen (168), Tunesien (101), Marokko (81) und Georgien (71).
Die sächsische Polizei und die Staatsanwaltschaften gehen bereits seit 2014 täterorientiert gezielt gegen MITA vor.

*Zuwanderer sind Asylbewerber, geduldete Ausländer, Kontingentsflüchtlinge, unerlaubt aufhältige Personen, international/national Schutzberechtigte und Asylberechtigte.

Politisch motivierte Kriminalität nimmt ab
Sachsenweit sind die politisch motivierten Straftaten in 2017 um knapp zehn Prozent zurückgegangen. Statistisch wurden 3.259 Fälle erfasst. Davon sind 2.024 Straftaten dem Phänomenbereich „rechts“ und 667 dem Phänomenbereich „links“ zuzuordnen.
Auch die Zahl der Angriffe auf Asylbewerberunterkünfte ist rückläufig. Während 2016 noch 117 Fälle gezählt wurden, waren es im vergangenen Jahr insgesamt 23.

Tatverdächtige
Die Polizei ermittelte im vergangenen Jahr 91.500 Tatverdächtige. Der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger lag bei 20,7 Prozent. Knapp die Hälfte der nichtdeutschen Tatverdächtigen (9.493) waren Zuwanderer. Ihr Anteil an allen ermittelten Tatverdächtigen beträgt 10,4 Prozent.

Innenminister gibt Ausblick auf künftige Sicherheitspolitik
Die Sächsische Staatsregierung hat mit dem Zukunftspakt die Sicherheitspolitik im Freistaat Sachsen entschieden nachgeschärft. Innenminister Wöller unterstreicht dabei: „Wir werden den Modernisierungsprozess bei der Polizei konsequent fortführen. Ein Großteil der 1.000 neuen Polizistinnen und Polizisten kommt künftig im Streifendienst und bei Einheiten der Kriminalitätsbekämpfung zum Einsatz. Damit stärken wir die Präsenz im ländlichen Raum und an bestimmten Brennpunkten. Mit neuen Befugnissen wird das sächsische Polizeigesetz zudem dabei unterstützen, die Sicherheit hier im Lande weiter auszubauen.“

GRÜNE zur Kriminalitätsentwicklung

Zur heute von Innenminister Prof. Roland Wöller (CDU) vorgestellten Polizeilichen Kriminalitätsstatistik 2017 erklärt Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag: "Der Rückgang der Kriminalität insgesamt ist ein gutes Signal. Er macht deutlich, dass Sachsen ein sicheres Land ist, in dem keiner in Angst leben muss. Besorgniserregend ist der starke Anstieg der Anzahl der festgestellten Rauschgiftdelikte. Auch wenn dieser offenbar auf verstärkte Kontrollen zurückzuführen ist, muss die Bekämpfung des Crystal-Konsums auch vor dem Hintergrund der schweren Folgen ein neuer Schwerpunkt bei der Polizei werden." 

Hier haben wir GRÜNEN erst im letzten Plenum eine bessere personelle und technische Ausstattung der Polizei gefordert. Auch wenn die Anzahl der Wohnungseinbrüche erfreulicherweise rückläufig und die Aufklärungsquote gestiegen ist, dürfen die Bemühungen bei der Bekämpfung dieser Delikte nicht nachlassen. Wir haben bereits in den vergangenen Jahren gefordert, eine Sonderkommission einzusetzen. Zudem braucht es zur Verhinderung von Wohnungseinbrüchen, Kfz-Diebstählen und Gewaltkriminalität auch eine erhöhte sichtbare Präsenz der Polizei. Dass der Innenminister der (Wieder-)Einrichtung neuer Polizeireviere insbesondere im ländlichen Raum erneut eine Absage erteilt hat, bedauere ich außerordentlich. Nicht zuletzt möchte ich meine Kritik an der Sonderstatistik zum Thema Zuwanderung erneuern. Die Betrachtung von Straftaten allein aufgrund von Herkunft der Tatverdächtigen und nicht von kriminologischen Hintergründen ist unseriös und schürt Ressentiments. Gerade mit Blick auf die geringer werdende Zahl von Zuwanderern, sollte diese Statistik künftig kein Schwerpunkt in der Öffentlichkeitsarbeit mehr sein."

CDU zur polizeilichen Kriminalstatistik

„Starker Anstieg der Cyber- und Drogenkriminalität macht Sorge!“, sagt Christian Hartmann zur polizeilichen Kriminalitätsstatistik. Dazu erklärt der innenpolitische Sprecher der CDU: „Vor allem durch die hohe Einsatzbereitschaft unserer Polizei konnte die Kriminalität auf gleichem Niveau gehalten werden. Besonders positiv ist der deutliche Rückgang von Fahrzeugdiebstählen und Wohnungseinbrüchen um jeweils ca. 13 Prozent. Das zeigt, dass die Maßnahmen der Polizei und Präventionsangebote wirken."

 

Grenzkriminalität
„Die Grenzkriminalität sinkt auf den tiefsten Stand seit zehn Jahren. Der erhöhte Fahndungsdruck vor Ort und die enge Zusammenarbeit unserer Polizei mit Polen und Tschechien wirkt", so Hartmann.

Drogenkriminalität
Im Vergleich zum letzten Jahr wurden ein Viertel mehr Rauschgiftdelikte festgestellt. „Einerseits ist dies Ausdruck des hohen Fahndungsdrucks der Polizei. Andererseits ist der enorme Anstieg ein klares Alarmsignal. Wir müssen unsere Ansätze zur Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität überprüfen und vielleicht auch neue Wege gehen. Dabei gilt es insbesondere präventive Ansätze zu stärken. Dies kann die Polizei jedoch nicht allein leisten", so Hartmann.

Cyberkriminalität
„Die stetig wachsende Zahl an Straftaten im Internet ist ein bedenklicher Trend. Der muss gestoppt werden! Sachsens Polizei braucht die Fähigkeit zur Abwehr von Cyber-Attacken und die Kompetenz von Ermittlungen im Internet. Wir wollen mehr ‚Cybercops' als bisher. Aber auch Unternehmen, Behörden und private Haushalte sollten intensiver sich mit den Gefahren der Internetkriminalität auseinandersetzen", so Hartmann.

Ausländerkriminalität
Obwohl 2017 die Zahl der Zuwanderer deutlich sank, gibt es trotzdem fast genauso viele Tatverdächtige aus diesem Bereich wie im Jahr zuvor. Auch die Zahl der Straftaten von Zuwanderern steigt weiter. „Wieder ist für einen großen Teil der Straftaten eine sehr kleine Gruppe von Ausländern verantwortlich - sogenannte Mehrfach- und Intensivstraftäter. Wer unsere Gastfreundschaft missbraucht, darf nicht auf Nachsicht hoffen. Im Zweifel gilt für den Einzelfall: Abschiebung vor Strafverfolgung", so Hartmann.

Politisch Motivierte Kriminalität
„Der Kampf gegen Rechtsextremismus bleibt eine zentrale Herausforderung, trotz der deutlich gesunkenen Zahl an Straftaten. Es ergibt sich aber eine neue Bedrohungslage durch ausländische und religiöser Ideologien. Seit sechs Jahren steigen die Zahlen in diesem Bereich stark an. Diese Radikalisierungstendenzen müssen gestoppt werden. Verfassungsfeindlichen Parteien und Vereinen müssen die Finanzquellen aus dem Ausland entzogen werden."

LINKE äußert sich zur Kriminalstatistik

Die Kriminalitätsstatistik ist allenfalls ein Anhaltspunkt. Sie dokumentiert nicht alle Straftaten, sondern nur die registrierte beziehungsweise aufgeklärte, und sie registriert Tatverdächtige, nicht verurteilte Täter. Ich freue mich dennoch über gute Nachrichten. Rechnet man die Straftaten aus dem Infineon-Großverfahren (knapp 23.600 Fälle) heraus, zeigt sich ein Rückgang der Kriminalität - im Langzeitvergleich auch der Grenzkriminalität, wenngleich regionale Schwerpunkte und insbesondere Kraftwagendiebstahl und Rauschgiftdelikte weiter einen hohen Fahndungsdruck erfordern. Erfreulich ist auch, dass es weniger Gewaltkriminalität sowie politisch motivierte Straftaten gab, auch wenn es dort nie eine Entwarnung geben kann.

 

Die Landesregierung muss die Polizei endlich stärken. Nötig ist eine bessere und stärker spezialisierte Kriminalisten-Ausbildung auf  internationalem Niveau. Zudem sind wir gefordert, die Motive für und Ursachen von Straftaten in den Blick zu nehmen. Wer Kriminalität zurückdrängen will, darf nicht nur Kriminelle verfolgen, sondern muss dort ansetzen, wo Kriminalität entsteht!
Der Fahndungsdruck bei der WOHNUNGSEINBRUCHS- UND KFZ-DIEBSTAHLSKRIMINALITÄT hat sich ausgezahlt, Banden wurden dingfest gemacht. Es bleibt aber problematisch, dass sich die Bekämpfung der organisierten Kriminalität im Ankämpfen gegen Einbruchs- und Diebesbanden erschöpft. Menschenhandel, Wirtschaftskriminalität, Geldwäsche - die breite Palette organisierter Kriminalität muss in den Fokus des Landeskriminalamts und personell untersetzt werden.
Die Zahl der RAUSCHGIFTDELIKTE ist gestiegen. Die erhöhte Kontrolldichte treibt hier die Statistik. Allerdings wurden bei Komplexkontrollen vor allem Delikte im Bereich von Kleinkonsumenten und Kleinstdealer festgestellt. Während mehr Cannabisdelikte registriert wurden, blieb die Deliktszahl im Bereich Crystal konstant. Das zeigt: Anstatt Kleinkonsumenten zu kriminalisieren, müssen wir die organisierte Kriminalität ins Visier nehmen. Bei der Bekämpfung der Produktions- und Händlerstrukturen gibt es offenbar keine namhaften Erfolge.
Die gestiegene Zahl der STRAFTATEN DURCH ZUWANDERER zeigt ebenfalls Handlungsbedarf. Das Potential für gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Migranten unterschiedlicher ethnischer Herkunft muss durch Wohnungsunterbringung und Arbeitsmarktintegration reduziert werden. Die mit Abstand größte Opfergruppe bei Gewaltstraftaten durch Asylbewerber und Flüchtlinge sind indes Asylbewerber und Flüchtlinge selbst. Auch der große Anteil von Beförderungsdelikten und Diebstählen belegt: Kriminalität muss an ihren Wurzeln bekämpft werden.
Die Dunkelziffer im Bereich CYBER-KRIMINALITÄT scheint weiter zu wachsen. Bevölkerung und Unternehmen müssen besser sensibilisiert werden, damit die Anzeigebereitschaft steigt und Cybersicherheit im Blick bleibt. Um den Fahndungsdruck zu erhöhen, fordern wir Internetstreifen (anlassunabhängige Kontrollen) etwa gegen Hasskriminalität und auch im Darknet gegen Menschen- und Waffenhandel sowie Kinderpornografie, und verstärkte Anstrengungen bei der Gewinnung von Computer- und Internetspezialisten.

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