Dresden - Wegen zu langer Verfahrensdauer sind in Sachsen in den vergangenen fünf Jahren dutzende Verdächtige aus der Untersuchungshaft freigekommen. Nach Angaben des Justizministeriums in Dresden bewegt sich das Niveau zwischen acht in 2018 und 13 im Jahr darauf.
Zehn und elf Beschuldigte mussten in den Corona-Jahren 2020 und 2021 entlassen werden, nachdem das Oberlandesgericht Dresden (OLG) die Haft aufgrund zu langer Verfahrensdauer aufgehoben hatte. Von 2016 zu 2017 schnellte die Zahl laut der Statistik von einem Fall auf elf.

Wie eine Ministeriumssprecherin erklärte, seien die Gründe für diese Entscheidungen im Einzelfall verschieden. Es müsse stets zwischen Freiheitsanspruch und Strafverfolgungsinteresse abgewogen werden. So komme es etwa bei umfangreichen Verfahren zu Verzögerungen, wenn an zu wenigen Tagen pro Woche verhandelt werden kann. Prozesse verschieben sich durch verspätete oder schwierige Terminierung der Hauptverhandlung wegen vieler Verfahrensbeteiligter. Auch eine nicht nur kurzfristige Überlastung der zuständigen Strafkammer, die voraussehbar und vermeidbar war, oder eine verspätete Urteilszustellung führe zur Aufhebung eines Untersuchungshaftbefehls.

2020 und 2021 betraf dies nach OLG-Angaben vor allem Verfahren wegen Diebstahls, schweren Bandendiebstahls, räuberischen Diebstahls und Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz. Nach dem sogenannten Beschleunigungsgebot in Haftsachen muss die Justiz alles tun, um das Hauptverfahren möglichst schnell zu beginnen. Wenn das nicht der Fall ist, können Verdächtige aus der U-Haft entlassen werden.
Bei der Entscheidung kommt es nach Ministeriumsangaben vor allem auf die durch objektive Kriterien bestimmte Angemessenheit der Verfahrensdauer an. Da spielten die Komplexität der Rechtssache, die Vielzahl der beteiligten Personen oder das Verhalten der Verteidigung eine Rolle. Dabei stiegen mit zunehmender Dauer der Untersuchungshaft die Anforderungen an einen rechtfertigenden Grund. (mit dpa)