Do, 16.03.2017 , 16:54 Uhr

Freistaat fühlt sich bei Endlagersuche ungerecht behandelt

Dresden – In der Aktuellen Debatte hat am Donnerstag unter anderem eine Aussprache zum Standortauswahlgesetz, also der bundesweiten Suche nach einem Endlager für radioaktiven Atommüll, auf der Agenda gestanden. Der Freistaat möchte insbesondere auf eine Veränderung des Exportverbots von Atommüll hinwirken.

Dazu erklärt der stellvertretende Vorsitzende des Umweltarbeitskreises der CDU-Fraktion, Ronny Wähner: „Mit dem beschlossenen Atomausstieg muss die Frage der Endlagerung von hochradioaktiven Abfällen gelöst werden – aber nicht auf unsere Kosten! Die jetzt vorgesehenen Abstriche bei den Mindestanforderungen an das Gestein sind eine Sonderregelung, die wissenschaftlich nicht haltbar ist und Sachsen eindeutig benachteiligt.“

Die Suche nach einem bestmöglichen Standort muss aus Sicht der CDU-Fraktion unvoreingenommen, transparenten und ergebnisoffenen erfolgen. „Im Auswahlverfahren müssen Endlagerkonzepte auf Basis einer intakten natürlichen Barriere absoluten Vorrang haben. Wir  wollen keine Sonderbehandlung, sondern eine bundesweite Gleichbehandlung. Deshalb muss der Gesetzentwurf geändert werden!“, so Wähner weiter.

Nach Auffassung der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Ines Springer gilt das auch für das geplante Exportverbot für radioaktiver Brennelemente. „Diese Regelungen müssen gestrichen und der Transport der ehemaligen Brennstäbe aus Rossendorf nach Russland endlich zugelassen werden. Wir diskutieren dieses Thema seit fast 15 Jahre mit dem Bund und noch immer ist hier keine Lösung für Sachsen und die radioaktiven Abfälle in Sicht. Das ist ein Unding.“ sagt Springer.

Die CDU-Abgeordnete Patricia Wissel fordert abschließend den Bund auf, „das Standortauswahlgesetz nach rein wissenschaftlichen Kriterien zu überarbeiten und alle potenziellen Endlagerstandorte gleich zu behandeln. Oberste Prämisse muss dabei die Sicherheit des Endlagers sein – Salz und Ton müssen Vorrang vor Granit haben.“

Dr. Jana Pinka, Sprecherin für Umweltpolitik und Ressourcenwirtschaft der Fraktion DIE LINKE:
Die Fundamentalablehnung durch Minister Schmidt führt allein zu wirtschaftlicher Benachteiligung Sachsens – das mutmaßliche Ziel, kein Atommüllendlager in Sachsen, wird dadurch jedenfalls nicht erreicht, vielmehr wird die Unsicherheit vermehrt. Minister Schmidt agiert äußerst populistisch und führt durch sein Handeln dazu, dass demnächst nahezu sämtliche Geothermie-Bohrungen in Sachsen und sämtlicher anderer Bergbau zum Erliegen kommen werden, soweit Bohrungen auf kristallinem Grundgestein geplant sind.

Zum Argument „der Bund hat verhindert, dass Sachsen seinen Atommüll nach Majak ausfliegen darf, und nun bleiben die armen Sachsen auf den enormen Kosten sitzen und dürfen ihren Atommüll auch nicht anderswo entsorgen“: Zum Glück. Denn wenn man sich an die Berichterstattung über Majak aus dem Jahr 2010 erinnert, wird schnell klar, dass dieser Ort komplett ungeeignet für eine verantwortungsvolle Lagerung von Atommüll ist. Die Kosten für die im Zwischenlager Ahaus stehenden 18 Castor-Behälter aus Rossendorf sind mit 200.000 Euro pro Jahr hoch, aber angesichts des Landeshaushaltes und der Gefährlichkeit des Abfalls auch nicht zu hoch. Nun muss das Ziel lauten, mit dem Bund über die Kostenübernahme für eine weitere Lagerung in Ahaus zu verhandeln.

Der Minister fordert in punkto Gleichbehandlung Widersprüchliches, indem er a. gleichzeitig die Gleichbehandlung für alle fordert und andererseits b. darauf aufmerksam macht, dass Niedersachsen beim Salz eine Sonderregelung herausgehandelt hat: Eine solche will er wohl auch für sich in Anspruch nehmen. Beides – Sonderregelung und keine Sonderregelung – geht nicht.

Wer verhandeln will, sollte etwas vorschlagen und auf irgendeine Weise konstruktiv sein – und wer zu spät kommt, den wird wohl schließlich das Leben einholen. Der Startschuss für eine neue, offene und transparente Suche nach dem Endlagerstandort für die hochradioaktiven Hinterlassenschaften der Atomenergienutzung muss in der gesamten Bundesrepublik erfolgen – Ergebnisse darf man nicht vorher schon wissen wollen.

Neben geologischen Aspekten gilt: Wir haben im Erzgebirge zahlreiche strategische Rohstoffe, die noch genutzt werden sollten – auf diesen Standorten kann sinnvoll kein Atommüllendlager errichtet werden, weil dann diese Rohstoffe nicht mehr genutzt werden könnten.

Durch die Nicht-Einigung zwischen CDU und SPD kommt es zu einer Pattsituation. Bei der Bundesratsentscheidung muss sich Sachsen enthalten. Die Aktuelle Debatte hat nur das Zerwürfnis öffentlich gemacht.

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