Do, 03.05.2018 , 21:06 Uhr

Gute Konjunktur im ostsächsischen Handwerk hält an

Dresden - Die gute Konjunktur im östsächsischen Handwerk hält weiterhin an. Das geht aus der aktuellen Frühjahrskonjunkturanalyse der Handwerkskammer Dresden hervor. Die Studie zeichnet ein Stimmungsbild der Handwerksbetriebe in Ostsachsen ab. Demnach hat der Geschäftsklimaindex einen neuen Höchstwert erreicht. Dieser errechnet sich aus verschiedenen Angaben zur aktuellen Geschäftslage, den Umsätzen, Auftragseingängen und der Anzahl der Beschäftigten.

Als ungetrübt lässt sich weiterhin die konjunkturelle Stimmung im ostsächsischen Handwerk bezeichnen: Der Geschäftsklimaindex erreichte in der aktuellen Frühjahrskonjunkturanalyse der Handwerkskammer Dresden 140 Punkte. Dies entspricht sehr wahrscheinlich einem neuen Höchstwert.

„Es ist höchst erfreulich, dass die konjunkturelle Entwicklung für das ostsächsische Handwerk weiterhin so positiv verläuft. Wir müssen aber auch klar sagen: Die Politik hat kaum etwas dazu beigetragen“, unterstreicht Andreas Brzezinski, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Dresden. „Wir erwarten von Landes- und Bundesregierung, dass sie endlich wieder im Sinne kleinerer und mittlerer Betriebe aktiv wird und Vorhaben zur Entlastung und Förderung der Unternehmen angeht.“
Aber auch in der Bildungspolitik des Freistaates muss sich aus Sicht des ostsächsischen Handwerks dringend etwas bewegen. Konkret fordert die Handwerkskammer Dresden die Stärkung der sächsischen Oberschulen.

Zugleich drängt sie auf die zügige Umsetzung der zentralen Berufsschulnetzplanung, die in der Schulgesetznovelle mit dem Umsetzungsziel August 2018 vorgesehen ist, von Kultusminister Christian Piwarz aber jüngst erst für 2025 angekündigt wurde. Auch auf das im Koalitionsvertrag verankerte Azubi-Ticket will das ostsächsische Handwerk nicht länger warten und fordert eine zeitnahe Einführung.

Um die Dringlichkeit des Anliegens zu unterstreichen, hatte bereits im März die Vollversammlung der Handwerkskammer Dresden die Forderung nach einem „Pakt zur Stärkung der dualen Ausbildung“ beschlossen. Dieser fasst in sieben konkreten Punkten die wichtigsten Erwartungen an die sächsische Bildungspolitik zusammen.

Studie zum sächsischen Schulwesen durchgeführt

Darauf aufbauend hat die Handwerkskammer Dresden gemeinsam mit dem Leipziger Institut IM Field im April eine Telefonumfrage unter 500 Personen im Alter zwischen 30 und 50 Jahren in Ostsachsen zur Einschätzung von Gymnasium und Oberschule durchgeführt. Diese Befragung soll fortan jährlich durchgeführt werden. „Wir haben uns ganz bewusst zu diesem Schritt entschieden, denn es handelt sich hier klar um ein gesamtgesellschaftliches Thema, das sich unmittelbar auf das Handwerk auswirkt“, so Jörg Dittrich, Präsident der Handwerkskammer Dresden, und erinnert an die Regierungserklärung von Ministerpräsident Michael Kretschmer am 31. Januar 2018. In dieser hieß es u. a.: „Unsere Oberschulen sind Talentschmieden für die Praxiselite und den Fachkräftenachwuchs, Partner für Handwerk und Mittelstand, und deshalb wichtiger denn je.“

Doch wie die Befragung zeigt, bedarf es in der Realität der Weiterentwicklung der Oberschule: Statt auf die Oberschule will die Mehrheit der Viertklässler aufs Gymnasium. Die von der Handwerkskammer Dresden beauftragte Studie gibt ein Gefühl, warum das so ist. Nur 22 Prozent bewerten die Vermittlung von Allgemeinwissen an den sächsischen Oberschulen als sehr gut oder gut2. Auch nur 28 Prozent der Befragten beurteilen die Vorbereitung auf das Berufsleben an den Oberschulen als sehr gut oder gut. Bei beiden Punkten gibt es deutlich Luft nach oben.

„Wir finden diese Ergebnisse vollkommen unbefriedigend. Deutlich zeigen sie, dass das sächsische Schulsystem nicht als Talentschmiede für die Wirtschaft wahrgenommen wird. Das passiert nur, wenn die deutliche Mehrheit das Gefühl hat, dass hier sowohl Allgemeinbildung als auch die Vorbereitung aufs Berufsleben auf einem sehr guten bis guten Niveau liegen – und dass dann auch tatsächlich so ist“, betont Handwerkskammer-Präsident Jörg Dittrich.
Unterstrichen hat die Studie auch noch einmal, dass die große Mehrheit (82 Prozent) davon ausgeht, dass das Gymnasium vor allem auf das Studium vorbereitet. „Dies beweist einmal mehr, wie wichtig unsere Forderung war, im Rahmen der Schulgesetz-Novellierung 2017 die Berufsorientierung an Gymnasien vorzusehen“, so Dittrich.

„An den Gymnasien muss dringend ein Umdenken stattfinden, auch damit sie ihrer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe gerecht werden. Denn Fakt ist: Abitur muss nicht automatisch Studium bedeuten, sondern kann zugleich Ausgangspunkt für die berufliche Bildung sein.“

Zwei Drittel der Befragten stimmten zu dem der Aussage zu, dass die duale Ausbildung im Handwerk attraktiv für junge Leute sei. Das zeige, dass die duale Ausbildung Wertschätzung genießt, resümiert Dittrich und ergänzt: „Dennoch findet sich zu wenig guter Fachkräftenachwuchs für das Handwerk. Unter anderem auch weil die schulischen Qualifikationen der jungen Leute nicht ausreichend sind, um erfolgreich in einer Handwerksausbildung zu bestehen.“

Weitere Ergebnisse der Frühjahrskonjunkturanalyse

Erstmals im Frühjahr schätzten fast zwei Drittel der befragten Betriebe ihre gegenwärtige Geschäftslage als gut ein. Nur sieben Prozent meldeten schlechte Geschäftslagen. Für die nächsten Monate schätzen 29 Prozent, dass sich ihre künftige Geschäftslage verbessern wird. Fast 70 Prozent haben gleichbleibende Geschäftserwartungen.

Die Zahl der Beschäftigten im ostsächsischen Handwerk blieb 2017 im Wesentlichen konstant. Im ersten Quartal 2018 sank die Zahl der Beschäftigten jedoch mehr als Vorjahr. Es gibt deutliche Anzeichen, dass dies eher ungewollt geschieht. Viele Betriebe kämpfen mit Abwerbungen, aber auch dass sich Mitarbeiter beruflich verändern wollen. Ergebnisse der aktuellen Fachkräftesituation der sächsischen Wirtschaft zeigen, besonders bei Facharbeitern/Gesellen im Handwerk, einen Fachkräftemangel.

Begründet liegt die positive Stimmung, aber auch der steigende Fachkräftebedarf u. a. in der Auslastung der befragten Betriebe. Mit 85 Prozent erreichte die durchschnittliche Auslastung einen neuen Frühjahrs-Höchstwert. Fast 60 Prozent der Betriebe vermeldeten vollständige oder fast vollständige Auslastung. Die Auftragsreichweiten stiegen um zwei Wochen im Vergleich zum Vorjahr auf durchschnittlich über elf Wochen. Die Auftragserwartungen an das nächste Quartal sind in einigen Branchen bedeutend höher als zurzeit. 97 Prozent der Befragten rechnen mit gleichen oder steigenden Aufträgen. Auch die Umsatzentwicklung erweist sich als positiv. Über die vergangenen zwei Jahre gesehen, konnte das sächsische Handwerk stetig wachsende Umsätze verzeichnen. Im ersten Quartal 2018 gab es zwar einen jahreszeitlich bedingten Rückgang – jedoch nur bei 32 Prozent der befragten Betriebe. Für 53 Prozent blieben die Umsätze nach dem Jahreswechsel konstant.

Auch die Investitionsbereitschaft der Betriebe blieb erhalten. 40 Prozent der Befragten, vier Prozentpunkte mehr als im Vorjahr, investierten durchschnittlich 28.000 Euro je Betrieb.

Seit dem Wiedereinsetzen der Inflation in Deutschland 2016 verspürte auch das Handwerk zum zweiten Mal in Folge eine angespannte Preissituation. Genau wie im Frühjahr 2017 waren 65 Prozent der Befragten von Preiserhöhungen im Einkauf betroffen. 37 Prozent reagierten darauf mit eigenen Preissteigerungen im Verkauf. Bis Jahresende gehen 64 Prozent der Betriebe von weiteren Preissteigerungen im Einkauf aus. 40 Prozent wollen diese auf die Kunden umlegen.

Mit Blick auf die einzelnen Branchen zeichnen sich unverkennbare Unterschiede zwischen den weitgefächerten Branchen des Handwerks ab. Die beiden Branchen Bau (u. a. Maurer, Zimmerer, Dachdecker) und Ausbau (Maler, Klempner, Elektrotechniker), die mit einem Anteil von rund 60 Prozent die größte Gruppe bei den Mitgliedsbetrieben der Handwerkskammer Dresden bilden, bleiben mit jeweils 143 Punkten beim Geschäftsklimaindex die Konjunkturmotoren. Dahinter folgen die Handwerke für den gewerblichen Bedarf (Metallbauer, Feinwerkmechaniker, Elektromaschinenbauer) mit 139 Punkten. Besonders positiv wird die Stimmung in der Branche durch die Teilgruppe der Zulieferer beeinflusst. Leicht unter dem Durchschnitt liegen mit 136 Punkten die Gesundheitshandwerke (Augenoptiker, Zahntechniker, Hörakustiker) – trotz des höchsten Umsatzniveaus aller Handwerksbranchen 2017, bedingt jedoch durch das konsumschwache erste Quartal. Weiter im Aufwind ist das Kfz-Gewerbe mit 135 Punkten auf dem Geschäftsklimaindex. Die Stimmung im Lebensmittelhandwerk ist etwas verhaltener als in den Vorjahren (131 Punkte). Mit 125 Punkten ist das Geschäftsklima in den Handwerken für den persönlichen Bedarf (Friseure, Kosmetiker, Fotografen) das niedrigste aller Branchen.

Quelle: Handwerkskammer Dresden

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