Di, 05.12.2023 , 19:51 Uhr

Heiße Diskussion um heißen Kakao mit Schuss

Kommentar zur Lumumba-Debatte: Rassismus im Kakao? Zeit für Sprachwandel und Verständnis!

Dresden - Ist der Begriff "Lumumba" rassistisch? Die Meinung unseres Sachsen Fernsehen-Reporters Jonas Peupelmann.

Deutschland diskutiert mal wieder! Konkret über Lumumba, aber eigentlich über Sprache, Bezeichnungen und befürchtete Verbote derselbigen im Allgemeinen.

Klar rassistisch, schließlich geht es um ein Kakaogetränk und einen afrikanischen Politiker, sagen die einen. Lumumba sei nicht rassistisch, sagen die anderen, natürlich mehrheitlich weißen Kommentarschreiber auf Social Media oder in unserer Sachsen Fernsehen-Straßenumfrage. Sie meinen, das Getränk hieß halt eben schon immer so und bestellen sich in ihrer Empörung über eine angebliche Sprachpolizei gleich noch ein Zigeunerschnitzel mit dazu.

Aber "es war schon immer so" ist nun auch nicht unbedingt das beste Argument, das man ins Feld führen kann. Es ist nämlich - gar keins!

Und wie hieß das Getränk dann eigentlich vor der Ermordung von Patrice Lumumba im Jahre 1961, und wie wurde er eigentlich Namensgeber? Da wird es nun richtig bitter: Tod durch Erschießung, vorher unvorstellbare Folter, das alles nur, weil er als erster unabhängiger sozialistischer Premierminister der Demokratischen Republik Kongo auf friedliche Weise einen Weg aus der belgischen Kolonialherrschaft erkämpfen wollte.

Kein Wunder also, dass "Lumumba" auch in der Linken als Held gefeiert wurde. Dann trotzdem gerne nochmal für alle in der letzten Reihe - ja, es ist rassistisch, ein Getränk wegen der Hautfarbe des Namensgebers nach ihm zu benennen, egal ob solidarisch oder zum Spaß.

Dass es ein "Kakao mit Schuss" ist, setzt vor dem Hintergrund seines Todes dem Ganzen noch die Krone der Geschmacklosigkeit auf. Und auch wenn die meisten diesen Hintergrund nicht kennen - Rassismus ist es eben nicht erst dann, wenn man abwertende Begriffe mit Absicht verwendet.

Aber am Ende geht es den meisten Empörten wahrscheinlich nicht um diese konkrete Frage. Sie werden das Wort "jetzt erst Recht" weiter verwenden, obwohl sie darüber Bescheid wissen - gerade weil sie meinen, dass es ihnen jemand verbieten will.

Dass das Thema nun von einer ehemaligen Grünen-Stadträtin ins Rollen gebracht wurde, die seitdem nach eigenen Angaben mit zahllosen Anfeindungen und Bedrohungen zu kämpfen hat, passt da natürlich nur zu gut in die Wut-Schablone.

Und da können auch ehrlich gesagt wir Medien uns an die eigene Nase fassen, denn so eine Debatte sorgt schließlich gut für Reichweite. Aber Menschen, die nicht von Rassismus betroffen sind, haben halt nicht zu entscheiden, was rassistisch ist und was nicht. So einfach ist das.

Die tatsächlich Leidtragenden sind nämlich am Ende DIE MENSCHEN, die tagtäglich selbst erleben müssen, was Rassismus wirklich bedeutet und in dieser Debatte kaum zu Wort kommen.

Laut einem Bericht der Agentur der EU für Grundrechte von 2018 erfährt fast die Hälfte der Menschen mit afrikanischer Herkunft im Alltag Rassismus und Diskriminierung. In der Befragung in Deutschland gaben sogar 76 Prozent an, in den vergangenen fünf Jahren diskriminierende Begegnungen erlebt zu haben. Und diese Zahlen steigen. Ihnen zuliebe möchte ich ein Kredo der Sprachwissenschaft heranziehen und sagen:

Sprache verändert sich konstant. Genauso wie der Name ein paar Jahrzehnte verwendet wurde, kann auch ein neuer gebräuchlich werden. Und mal ehrlich: Wie schwer kann es schon sein, beim nächsten Weihnachtsmarkt-Besuch dann eben einen Kakao mit Schuss zu bestellen. Am besten sogar mit einem Schuss Gelassenheit und Verständnis.

Ist Lumumba rassistisch? - Das sagen die Sachsen

Als Lumumba kennt man ihn auf Sachsens Weihnachtsmärkten, den Kakao mit Schuss Rum oder Amaretto. Aber ist auch ein Schuss Rassismus dabei? Darüber wird gerade heiß diskutiert, seit eine ehemalige Historikerin und Stadträtin aus Bautzen kürzlich auf den Ursprung des Namens aufmerksam machte - den erschossenen afrikanischen Nationalhelden Patrice Lumumba.

Experteninterview zur Debatte um "Lumumba"

Ist die Benennung "Lumumba" für das beliebte Weihnachtsmarktgetränk Kakao mit Schuss rassistisch? Experte Tahir Della von der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland erläutert im Interview seine Perspektive auf die Debatte.

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