Di, 11.04.2017 , 21:00 Uhr

Leipzig diskutiert neues Bildungsgesetz

Leipzig – Nach neun Monaten Verhandlungen über Änderungen zum Regierungsentwurf hat Sachsen seit Dienstagmittag ein neues Schulgesetz. Es soll Eltern unter anderem mehr Freiraum in der Entscheidung über die schulische Laufbahn ihrer Kinder geben.

Der Gesetzesentwurf wurde dem Sächsischen Landtag übergeben und beinhaltet unter anderem die Verkleinerung von Schulklassen und die neue Bildungsempfehlung, die es Eltern ermöglicht über die schulische Laufbahn ihrer Kinder zu entscheiden.

Der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion Lothar Bienst positionierte sich am Dienstag zum neuen Schulgesetz: „Das ist ein guter Tag für die Schüler, Lehrer und Eltern in Sachsen! Das letzte Schulgesetz stammt aus dem Jahr 2004. Das heute verabschiedete neue Schulgesetz entspricht modernen Maßstäben und zeitgemäßen Anforderungen. Es ist eines der wichtigsten Gesetzgebungsvorhaben in dieser Legislaturperiode!“ Patrick Schreiber ergänzte dazu: „Das neue Schulgesetz stabilisiert unser bisher erfolgreiches sächsisches Schulsystem in seiner Struktur und entwickelt es qualitativ weiter für die Zukunft. Gutes und Bewährtes wird fortgesetzt.“
„Besonders wichtig war uns als CDU, dass wir die Oberschule weiter stärken“, so Schreiber. Sie ist besonders auf den Übergang in die beruflichen Bildungswege ausgerichtet und bildet damit die Praxiselite von morgen aus. „Um die Oberschulen gegenüber den Gymnasien aufzuwerten, wird an ihnen ebenfalls eine Fachleiterstruktur etabliert.“

Zu den entscheidenden Punkten des neuen Gesetztes bezog auch das ostsächsische Handwerk noch am Dienstag Stellung. Ein Kernanliegen des Handwerks ist und bleibt die Stärkung der Oberschulen, aus denen 80 Prozent des Handwerksnachwuchses kommt. „Mit einer breiteren Aufstellung der individuellen Förderung an Oberschulen für eine passgenaue Persönlichkeitsentwicklung und Lebens- und Berufsorientierung der Schüler durch Unterstützung von Schulsozialarbeitern und Praxisberatern werden zweifellos wichtige Schritte gemacht. Ausreichend sind diese, wie auch andere zu begrüßende Vorhaben aus dem neuen Gesetz, aber nicht, um die Attraktivität der Oberschulen und des Schulsystems insgesamt spürbar zu erhöhen“, betonte Präsident Jörg Dittrich, dem zugleich die hohe Anzahl an Seiteneinsteigern an sächsischen Oberschulen Sorge bereitet. Zum aktuellen Schuljahr 2016/2017 sind knapp 60 Prozent der neu eingestellten Lehrer an Sachsens Oberschulen Quereinsteiger. Dittrich appelliert daher: „Erinnert sei daran: Auf der Agenda stand als Vorhaben ein Gesetz zur Weiterentwicklung des Schulwesens im Freistaat Sachsen. Dieses Ziel haben wir noch nicht an allen Stellen erreicht – der Dialog dazu muss fortgeführt werden.“

Die Jungliberale Aktion Sachsen hingegen zeigte sich enttäuscht über das neue Schulgesetz. Der Landesvorsitzende Philipp Hartewig erklärte: „Dafür, dass sich die Landesregierung so viel Zeit gelassen, viele Experten angehört und eine breite öffentliche Debatte ermöglicht hat, ist das Ergebnis erschreckend. Das neue Schulgesetz ist eine vertane Chance für Sachsens Schulsystem.“ Abschließend ergänzt der Chef der Jungliberalen: „Mit dem Gesetz verfehlt die Landesregierung einen Zukunftskurs. Kein Mut bei der Größe der Klassenteiler, keine zusätzlichen pädagogischen Freiheiten oder keine flexibleren Einsetzungsmöglichkeit des Lehrpersonals zeigen, dass die Landesregierung mit diesem Gesetz die Wettbewerbsfähigkeit der sächsischen Schulen gefährdet.“

Bereits am Montagnachmittag nahm Cornelia Falken, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag, das neue Schulgesetz zum Anlass eine gesonderte Bürgersprechstunde anzubieten. Sie informierte die Bürger über die Auswirkungen der Bildungsempfehlung. So erklärte sie, dass mehr Eltern ihre Kinder auf ein Gymnasium schicken, was für Engpässe sorgt. Ein weiteres Thema war der Schulwechsel zur Oberschule oder zum Gymnasium nach der vierten Klasse. Die Fraktion DIE LINKE schlägt vor, den Klassenverband bis zur achten Klasse zu erhalten. Danach sollen die Klassen während der Abiturvorbereitung in verschiedene Leistungsgruppen unterteilt werden.

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