Mo, 11.09.2017 , 14:04 Uhr

Marinella Senatore ist Kunststipendiatin der Stiftung Kunst & Musik für Dresden 2017

Dresden – Im August 2017 begann die italienische Künstlerin Marinella Senatore ihren Aufenthalt als Internationale Kunststipendiatin der Stiftung Kunst & Musik für Dresden. “Wir freuen uns sehr, dass Marinella Senatore unsere Einladung angenommen hat, für sechs Monate in Dresden zu leben und zu arbeiten”, so Stiftungsvorstand Martina de Maizière. “Ziel des Residence-Stipendiums ist, aktuelle künstlerische Positionen nach Dresden zu holen und die Elbestadt als ein international wahrgenommenes Zentrum auch für zeitgenössische Künste zu stärken und einen öffentlichen Diskurs dazu anzuregen.”

Aus fünf eingebrachten Vorschlägen wählte eine Fachjury die 1977 in Cava de‘Tirreni, Italien, geborene Künstlerin Marinella Senatore. Marinella Senatore arbeitet mit unterschiedlichsten Medien, darunter Performance, Film, Video, Fotografie, Klang, Installation, Zeichnung und Collage. Dabei steht der Entstehungsprozess im Mittelpunkt ihrer Kunst, denn sie verfolgt einen rigoros partizipatorischen Ansatz. Sie bricht mit der klassischen Trennung von Künstler und Betrachter und ihre Werke involvieren oft viele Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen. Gemeinsam kreieren sie zum Beispiel Tanz und Oper, Radio und Theater. Ihre Bühnen sind oft die Straßen und Plätze der großen Städte. Marinella Senatore interessiert sich vor allem für das Zusammenwirken der Menschen während der Kunstproduktion, weniger für ein finales, in sich geschlossenes Kunstwerk. Damit stellt sie die Idee des einzelnen, originären Künstlers grundsätzlich in Frage. Indem sie Menschen in ihre Kunstprozesse einbezieht, versucht sie, Bewegungen und Gefühle, Gedanken und Ideen anzustoßen und in eine Dynamik zu bringen, die u. a. neues soziales Bewusstsein anregt und Hierarchien hinterfragt.

Partizipative und überregional wahrgenommene Produktionen hat Marinella Senatore u. a. in Madrid (Speak Easy, 2009), Enna, Italien (Nui Simu, 2010), Berlin, Derby und Madrid (Rosas, 2012) und Modica, Italien (Modica Street Musical, 2016) realisiert. 2013 gründete sie die länderumspannende „School of Narrative Dance“, die Menschen durch informelle Bildung, hierarchieloses Lernen und Geschichtenerzählen zu aktiven gesellschaftlichen Kräften zusammenführen möchte. In diesem Jahr hat sie ihre „School of Narrative Dance“ zum Beispiel am Centre Pompidou, Paris, realisieren können.

Marinella Senatore ist bereits mit offenen Augen durch Dresden gegangen und hat auch Orte abseits des Zentrums besuchen können. Sie wird den Dialog mit den Bürgern der Stadt suchen: “Ich habe eine Ausbildung in den Bereichen Musik, Bildende Kunst und Film. Daher ist meine künstlerische Praxis geprägt durch öffentliche Teilhabe, durch das Neudenken der Rolle des Künstlers als Autor und der Öffentlichkeit als Rezipient, durch das Zusammenführen von Theater als Lernort, von Oral History und von mundartlichen Formen, durch die Reflexion über die politische Natur kollektiver Formationen und deren Einfluss auf die Sozialgeschichte konkreter Orte und Gemeinschaften. Meine Performances, Malerei, Installationen und Videos konzentrieren sich auf solche soziale Themen und urbane Fragestellungen wie Emanzipation und Gleichheit, soziale Strukturen und Gruppensysteme. Dabei arbeite ich immer gemeinschaftlich und schaffe neue Möglichkeiten für öffentliche Teilhabe. Auf Grund des ortsspezifischen Charakters meiner Arbeit wird es für meinen Aufenthalt in Dresden wichtig sein, die lokale Bevölkerung zu treffen und Möglichkeiten für ihr Engagement zu finden: Das ist eine großartige Chance, um zu teilen und zu verbessern.”

“Auch mit Blick auf die Bewerbung Dresdens als Kulturhauptstadt 2025 sind internationale künstlerische Positionen hier in unserer Stadt wichtig und willkommen,” sagt Martina de Maizière. “Die Stiftung wünscht sich, Marinella Senatore mit vielfältigen Initiativen und Netzwerken in Dresden vertraut zu machen. Und wir sind sehr gespannt darauf, welche Projekte und Prozesse sie selbst in der Stadt anstoßen, wie sie die Menschen hier ansprechen und für ihre Vorhaben gewinnen wird. Und natürlich: was wir von ihr lernen können.”

Neben einem monatlichen Stipendium stellt ihr die Stiftung eine Wohnung und ein Atelier kostenfrei zur Verfügung. Das Atelier befindet sich im „Kunstraum geh8“, so dass die Künstlerin Anschluss an eine lebendige Dresdner Künstlergemeinschaft haben wird. Die öffentliche Präsentation ist ausdrücklich Ziel des Stipendiums. Die Stiftung wird in enger Kooperation mit der Künstlerin und mit Partnern vor Ort aktiv dahin wirken, dass der Schaffensprozess für die Öffentlichkeit sichtbar gemacht wird. Paul Elsner, Vorstand des Geh8 Kunstraum und Ateliers e. V., freut sicht auf die Begegnungen mit Marinella Senatore: “Gerade Dresden braucht den Austausch mit internationalen Künstlern. In der geh8 schaffen wir eine Plattform für Dialog und Vernetzung, hier trifft eine dynamische regionale Kunstszene auf KünsterInnen aus aller Welt. Herzlich Willkommen, Marinella Senatore!”

Die jährlich alternierenden Residenz-Kunststipendien der Stiftung, eines für Musik und eines für Bildende Künste, bündeln die Förderschwerpunkte der Stiftung, setzen neue und eigenständige Impulse und tragen zur Vernetzung der Kunststadt Dresden auf internationaler Ebene bei. Mit dem Internationalen Kunststipendium lädt die Stiftung alle zwei Jahre eine/n bildende/n Künstler/in nach Dresden ein, die/der sich bereits durch überregional wahrgenommene Projekte ausgezeichnet hat. Das erste Internationale Kunststipendium ermöglichte 2015 dem spanischen Künstler Fernando Sánchez Castillo einen Aufenthalt in der Elbestadt. Sein Kunstwerk “Mauerspringer” ist derzeit auf der Ostrale zu sehen. 2016 lebte und arbeitete Maximilian Schnaus, Komponist und Organist aus Berlin, im Rahmen des Musikstipendiums in Dresden.

Die gemeinnützige Stiftung Kunst & Musik für Dresden wurde 2012 von der Landeshauptstadt Dresden errichtet, um als unabhängiger Förderer von Musik, zeitgenössischer Kunst und kultureller Bildung Akzente in der Elbestadt zu setzen und die internationale Wahrnehmung Dresdens als Kulturmetropole zu stärken. Die Stiftung bündelt privates Engagement und ist Plattform eines überregionalen Netzwerkes, das sich für Kunst und Kultur in Dresden einsetzt. In seiner Sitzung im Mai 2017 beschloss der Stiftungsrat die Förderung von insgesamt sieben Projekten mit insgesamt ca. 70.000 Euro im Jahr 2018.

Die Jury zum Internationalen Kunststipendium 2017:

Prof. Dr. Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden
Dr. Hedda im Brahm-Droege, Vorstandsmitglied der Gesellschaft der Freunde der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen e.V.
Prof. Dr. Christoph Grunenberg, Direktor der Kunsthalle Bremen (Vorsitzender der Jury)
Ralf Lehmann, Galerist, Dresden
Martin Rieckmann, Vorsitzender des Stiftungskuratoriums

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