Di, 16.01.2018 , 14:01 Uhr

Organspenden-Not: Dresdner Uniklinik fordert Transplantationszentrum

Dresden - Die Zahl der Organspender ist auf historisch dramatischem Tiefststand. In Deutschland ist sie vergangenes Jahr um acht Prozent auf nicht mal 800 gesunken. Die geringe Spendenbereitschaft liegt auch an den Skandalen 2012 in Leipzig, Göttingen und München. Das Dresdner Uniklinikum möchte dem Abwärtstrend in Zusammenarbeit mit der Uniklinik Leipzig begegnen.

Auch in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt hat die Zahl der Organspender 2017 einen Tiefpunkt erreicht. So gab es 2017 in den drei Bundesländern lediglich 96 Spender, ein Jahr zuvor waren es noch 121 so die Statistiken der DSO. Vor 20 Jahren spendeten in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen noch 167 Menschen Organe. Ein maßgeblicher Grund sei auch die mangelnde Aufklärungsbereitschaft von Ärzten und Krankenhäusern bei den Angehörigen sowie die geringe Vergütung der Hirntoddiagnostik und Entnahme. Das Dresdner Uniklinikum möchte dem Abwärtstrend mit einem gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Leipzig zu betreibenden Sächsischen Transplantationszentrum begegnen.

Die Zahl der Organspender ist in Deutschland 2017 auf einen historischen Tiefstand gesunken. Im Vergleich zu 2016 fiel der Wert noch einmal um knapp acht Prozent, so der noch unveröffentlichte Jahresbericht der Stiftung Eurotransplant. 2017 ist somit der bislang niedrigste Stand seit 20 Jahren erreicht worden. „Diesem Abwärtstrend müssen wir zwingend begegnen. Ein sächsisches Transplantationszentrum bietet eine größere Hoffnung für Schwerkranke auf der Warteliste", ist sich Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Dresdner Universitätsklinikums sicher. „In einer derartigen Struktur würde es deutlich leichter fallen, ständig in der Öffentlichkeit für die Wichtigkeit von Organspenden zu werben. Ein Zentrum könnte kontinuierlich Einfluss nehmen und Ärzte für die überaus wichtigen Gespräche mit den Angehörigen und die Entnahmeprozesse motivieren."

Das sächsische Transplantationszentrum könnte im Rahmen einer Dachkonstruktion unter der die Universitätsklinika Leipzig und Dresden miteinander arbeiten deutlich zur Transparenz der Organspenden in Sachsen beitragen. „Mit einem gemeinsamen Außenauftritt und vielen vertrauensbildenden Maßnahmen könnten wir die schwierige Situation in der Organspende ändern", ist sich Prof. Albrecht sicher: „Auch finanziell wäre ein neues System sinnvoll. So lassen sich Synergien heben und die Finanzierung besser strukturieren." Mit innovativen Operationsmethoden und der immunologischen Kompetenz der Dresdner Hochschulmedizin ließen sich der Wert der Transplantationen deutlich steigern. Die Entscheidung dazu liegt beim sächsischen Sozialministerium.

„Seit 2013 stehen wir dazu mit dem Sozialministerium und dem Uniklinikum Leipzig in Diskussion, es ist höchste Zeit die Transplantationsmedizin neu zu beleben", so der Medizinische Vorstand des Dresdner Uniklinikums weiter. Auch hat sich die Medizin in Bezug auf die Unterdrückung von Abstoßungsreaktionen und auf den Erhalt der transplantierten Organe deutlich gebessert: „Mit neuen immunsupprimierenden Medikamenten und der intensiven langjährigen Nachbetreuung können die Patienten Jahrzehnte von den Organen profitieren, hier ist die Zusammenarbeit mit den operativen Fachdisziplinen und den Immunologen unter dem Dach eines Zentrums entscheidend", sagen Prof. Dr. Christian Hugo, Internist und Nierenspezialist sowie Prof. Manfred Wirth, Direktor der Klinik für Urologie am Universitätsklinikum Dresden. Die beiden Experten arbeiten seit vielen Jahren auf dem Gebiet der Nierentransplantation vertrauensvoll zusammen.

„Dem Thema muss höchste Priorität eingeräumt werden", erklärt Prof. Jürgen Weitz, Direktor der Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Dresden. „Aktuell haben wir auch aufgrund des Kostendrucks und des Kapazitätsmangels auch innerhalb der Entnahmekliniken das Problem, dass Angehörige von hirntoten Patienten deutlich zu selten über die Möglichkeiten einer Organspende aufgeklärt werden." 81 Prozent der Bundesbürger befürworten die Organspende, so ein im Mai erschienener Bericht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

Zwar sei das Vertrauen der Menschen in die Transplantationsmedizin durch die Manipulationen beeinträchtigt, trotzdem habe nur jeder Achte seine Meinung zur Organspende geändert. Zudem erhalten Transplantationsbeauftragte, die in Kliniken mit Angehörigen von Hirntoten über die Möglichkeit einer Organspende sprechen, nicht mehr Absagen als früher, so die DSO. Mit lediglich 9,3 Spendern pro einer Million Einwohner gehört Deutschland zu den europäischen Ländern mit den wenigsten hirntoten Organspendern. Aktuell warten etwa 10.000 Menschen in Deutschland auf ein Spenderorgan.

„Bei dieser niedrigen Spenderrate laufen wir Gefahr, aus dem Eurotransplant-Verbund ausgeschlossen zu werden – der Super-GAU für die Transplantation in Deutschland", so Prof. Michael Albrecht. „Es ist an uns, das verloren gegangene Vertrauen zurückzuerlangen und das Engagement der Ärzte für das Thema zu befördern, das geht nur mit sinnvollen Strukturen und einer klaren Stoßrichtung für den Freistaat Sachsen in den kommenden Jahren. Hier haben wir auch die Unterstützung auf Bundesebene, der Wissenschaftsrat hat die Gründung eines sächsischen Transplantationszentrum ausdrücklich befürwortet."

Moderne Operationstechniken haben zudem die Verwendbarkeit der Organe deutlich gesteigert. So kann zum Beispiel durch die Splitleber-Technik das Organ geteilt und sowohl einem Erwachsenem, als auch einem Kind eingepflanzt werden. Gefäßchirurgische Verfahren ermöglichen auch den Anschluss älterer Organe, so dass auch zunehmend ältere Patienten nach Hirntod aufgrund eines Schlaganfalls Organe spenden können.

Quelle: Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

Zur Übersicht