Fr, 11.05.2018 , 17:45 Uhr

Protestaktionen gegen neues Polizeigesetz

Dresden - Gegen die geplante Novelle des Polizeigesetzes formiert sich zunehmend Protest. So haben Aktivisten in Dresden in dieser Woche mehrere Banner angehängt.  Anlass war ein Aktionstag gegen das neue bayrische "Polizeiaufgabengesetz". Die Organisatoren sehen in beiden Gesetzesveränderungen jedoch parallelen.

"Es gibt einen wichtigen Zusammenhang zwischen beiden Gesetzesnovellen.", sagte die Sprecherin der Initiative Noah Seifert. "Nachdem in Sachsen, Bayern und anderen Bundesländern entsprechende Entwürfe eingebracht wurden, müssen wir davon ausgehen, dass diese als Blaupausen für das gesamte Polizeirecht benutzt werden sollen."

Die Kampagne "Polizeistaat Sachsen?" rief die Initiative "Sachsens Demokratie" vor Kurzem ins Leben, um die Durchsetzung eines neuen Entwurfes des sogenannten "Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetztes" zu verhindern. "Der Gesetzgebungsprozess ist extrem intransparent. Wir wollen Menschen die Möglichkeit geben, zu erfahren was mit diesem Gesetz verändert werden soll und möglichst viel Widerstand dagegen organisieren.", so Noah Seifert. Wenn dieser Entwurf so umgesetzt wird, gefährdet das die körperliche Unversehrtheit und persönliche Freiheit von Menschen. Es entzieht ihnen jede Kontrolle über ihre informationelle Selbstbestimmung und muss sie in ihren eigenen Wohnungen jederzeit behördliche Angriffe fürchten lassen. Das Gesetz ist ein Angriff auf unsere Grundrechte und die Grundfesten des Zusammenlebens.

So würde das neue Gesetz unter anderem die Videoüberwachung noch mehr ausweiten: Auch die Polizeibehörden, also die Kommunen, sollen künftig mit Kameras überwachen dürfen. Kennzeichen, Ort, Zeit und Fahrtrichtung von Autos soll die Polizei zu bestimmten Anlässen automatisch erfassen dürfen. In grenznahen Gebieten soll sogar automatische Gesichtserkennung ermöglicht werden. Der Öffentliche Raum wird so immer mehr überwacht. Der Staat soll überall zuschauen können. Videoüberwachung macht die Welt nicht sicherer. Kameras führen nur bedingt zum Rückgang von Kriminalität, das belegen Statistiken. Videoüberwachung ist passiv und hilft in einer bedrohlichen Situation niemandem. Die Kamera kann nicht eingreifen. Dafür werden wir alle ständig mit Kameras aufgenommen -- und als Verdächtige behandelt. Zusammen mit den vielen digitalen Überwachungsprogrammen führt das zum „gläsernen Bürger“. Niemand will gerne dauernd unter Beobachtung stehen oder beim Telefonieren belauscht werden. Wir haben ein Recht auf Privatsphäre.

Künftig soll die Polizei auch dazu befugt sein Hausarrest und Kontakt- und Aufenthaltsverbote gegenüber sogenannten "Gefährdern" verhängen zu dürfen, welche durch elektronische Fußfesseln und dadurch erstellbare Bewegungsprofile durchgesetzt werden sollen. Unklar bleibt welche Personen unter den Begriff "Gefährder*in" gefasst werden sollen.

Auch wichtige Prinzipien wie die Pressefreiheit sehen die Aktivisten bedroht: Zwar durften Journalisten, Anwälte und Beratungsstellen bisher nicht überwacht werden. Mit dem neuen Polizeigesetz stünde dieser besondere Schutz zur Disposition: Bei "erheblichen Gefahren" könnten dann Journalisten und Beratungsstellen abgehört werden (§ 77).

Noah Seifert dazu: "Das ist ein drastischer Eingriff in die Pressefreiheit, den es in der Bundesrepublik so seit 1945 nicht mehr gegeben hat."
"Die Aufhebung der Unschuldsvermutung, die hier betrieben werden soll, ist keine juristische Randnotiz." so Seifert abschließend. "Sie macht ein freies uns solidarisches Zusammenleben als Ganzes Unmöglich. Wer als "potenziell gefährlich" gilt liegt allein unter polizeilicher Kontrolle. Eine juristische oder politische Kontrollmöglichkeit gibt es dann nicht mehr. Das ermöglicht es der Polizeifaktisch selbst Recht zu sprechen. Ein solches Gesetz ist nicht nur undemokratisch, es ist demokratiefeindlich. Es geht hier um nicht weniger als die Frage danach, wie wir miteinander leben wollen. Eine gerechte und freie Gesellschaft muss auf der Basis gegenseitigen Vertrauens und gegenseitiger Solidarität aufgebaut sein.

Quelle: Initiative Sachsens Demokratie

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