Mi, 14.03.2018 , 15:08 Uhr

Regierungserklärung - Umsteuern für Qualität der Bildung

Dresden - Das lange erwartete Bildungspaket für den Freistaat hat Kultusminister Christian Piwarz (CDU) am Mittwoch dem Sächsischen Landtag vorgestellt. Nicht nur Lehrer sollen davon profitieren. Zur Verbesserung der Betreuungssituation in Kitas ist ein Dialogprozess mit Eltern und Erziehern für die Planung des kommenden Doppelhaushalts geplant.

Um den steigenden Betreuungsbedarf in den sächsischen Kindertageseinrichtungen bei gleicher Qualität zu gewährleisten, will die Sächsische Staatsregierung die Rahmenbedingungen weiter verbessern. Das kündigte Kultusminister Christian Piwarz (CDU) am Mittwoch in seiner Fachregierungserklärung im Sächsischen Landtag an. Dafür werden im kommenden Doppelhaushalt entsprechende Maßnahmen verankert. Welche das konkret sein werden, soll im Dialogprozess ermittelt werden.
Die Betreuungsquoten in Sachsen liegen im Bundesvergleich hoch. Im Bereich der Krippe bei 44 Prozent, im Kindergarten bei 95 Prozent sowie im Hort bei 84 Prozent der jeweiligen Altersgruppe. Zudem hat sich innerhalb von 10 Jahren die Zahl der betreuten Kinder um fast 100.000 erhöht. „Dahinter steht eine beachtliche Leistung aller Träger und vor allem der Fachkräfte in der Kindertagesbetreuung. Ein herzlicher Dank an die Erzieherinnen und Erzieher für ihre wertvolle Arbeit“, so der Minister weiter.

Sachsen steuert im Schulbereich um

Dazu gehört die beschlossene Verbeamtung der Lehrer. Damit soll Sachsen wieder wettbewerbsfähig mit den anderen Bundesländern werden und das Niveau des anerkannten sächsischen Bildungssystems soll erhalten bleiben. Der Kultusminister betonte in diesem Zusammenhang, dass das Handlungsprogramm der Staatsregierung ebenso zahlreiche Maßnahmen für diejenigen Lehrer beinhaltet, für die das Angebot der Verbeamtung nicht mehr in Frage kommt. So werden unter anderem Beförderungsämter geschaffen und ein leistungsorientiertes Prämiensystem eingeführt.

Zudem werden grundständig ausgebildete Grundschullehrer ab 1. Januar 2019 eine Besoldung nach der Besoldungsgruppe A 13 beziehungsweise eine Vergütung nach der Entgeltgruppe E 13 erhalten. Dazu zählen auch ca. 4.000 so genannte „Lehrer unterer Klassen“ mit DDR-Abschluss. „Sie haben unterschiedslos seit 27 Jahren die gleiche Arbeit geleistet und damit zum sächsischen Bildungserfolg beigetragen. Damit zeigen wir gerade auch gegenüber dieser Generation von Lehrkräften unseren Respekt. Es gibt kein Gegeneinander zwischen Jung und Alt, sondern es soll ein Miteinander geben“, sagte Piwarz.

Weitere Schwerpunkte für das sächsische Bildungssystem werden jetzt die Umsetzung der Inklusion, die digitale Bildung sowie die politische Bildung sein. Politische und demokratische Bildung sind gesamtgesellschaftliche Aufgaben. Schule als öffentliche Einrichtung leistet dabei einen wichtigen Beitrag im Spannungsfeld von Wertgebundenheit und Wertepluralismus.
Dies ist einerseits eine Aufgabe der gesamten Schule und aller Fächer, aber auch einzelne Fächer sind besonders im Fokus. Um diesen Anspruch besser gerecht zu werden, werden die Fächer Gemeinschaftskunde an Oberschulen und Gemeinschaftskunde/Rechtserziehung/Wirtschaft an Gymnasien ab dem Schuljahr 2019/2020 bereits ab Klassenstufe 7 mit einer Wochenstunde unterrichtet.

Verschiedene Reaktionen

CDU-Fraktion: „Der große Wurf ist gelungen!“

Der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Lothar Bienst: „Der Kultusminister hat eine offene und kritische Analyse im Landtag vorgelegt. Unser Ziel ist die nachhaltige Sicherung des Bildungssystems. Wir wollen mehr Lehrer ausbilden, mehr Lehrer in Sachsen behalten und mehr Lehrer nach Sachsen holen. Das ist letztlich die größte Entlastung für alle gestandenen Kollegen. Das vorgelegte Handlungsprogramm ist der richtige Schritt in die richtige Richtung!“

Dazu sagt der CDU-Bildungspolitiker Patrick Schreiber: „Ich bin meiner Fraktion sehr dankbar und auch dem Koalitionspartner, dass uns mit diesem Handlungsprogramm jetzt der große Wurf gelungen ist! Es wird künftig an Sachsens Schulen keinen sächsischen Sonderweg mehr geben. Wenn vierzehn Bundesländer ihre Lehrer verbeamten, müssen wir etwas machen. Unsere Fraktion hat sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht.“

„Es wurden in den 27 Jahren Regierungszeit der CDU in Sachsen beim Thema Bildung auch Fehler gemacht. Aber wir haben verstanden und ändern das ab sofort“, so Schreiber.

Fraktion B'90/Grüne: „Ein erster Schritt in die richtige Richtung“

„Sachlich betrachtet ist das vorliegende Handlungsprogramm deshalb ein lange überfälliger Schritt in die richtige Richtung“, so die Landtagsabgeordnete Petra Zais (B'90/Grüne) zur Fachregierungserklärung im Sächsischen Landtag. Mit der Eingruppierung der Grundschul-Lehrerinnen und -Lehrer in die E13/A13 ohne Anhebung der Unterrichtsverpflichtung werde demnach eine Gerechtigkeitslücke System geschlossen, auf die die Grünen seit Jahren pochten. Auch die Anerkennung von Lehramtsabschlüssen nach dem Recht der ehemaligen DDR hebt Zais lobend hervor. 
„Die Gesamtsumme des Lehrerpakets lässt erkennen, dass es dieses Mal nicht nur um kosmetische Korrekturen geht wie noch im letzten Paket unter Ex-Kultusministerin Brunhild Kurth.

Deutlich macht die Summe von knapp 2 Mrd. Euro aber auch, was alles schon wesentlich früher möglich gewesen wäre und welche Chancen der Freistaat bisher vergeben hat. Und deshalb muss auch das eine Lehre aus dem Blick zurück sein: Wenn es um die Bildung in Sachsen geht, dürfen nicht die Technokraten und nicht die Pfennigfuchser das Sagen haben!“

Linksfraktion fordert Alterszeitmodell und Verbesserung des Personalschlüssels

Cornelia Falken, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE erklärt: „Von einem Neuanfang kann keine Rede sein. Sachsen steht vor einem bildungspolitischen Scherbenhaufen. Alles, was jetzt gerade noch getan werden kann, ist den Schaden zu begrenzen. Die beabsichtigte Verbeamtung schafft eine Zwei-Klassen-Lehrerschaft in der Schule. Von 30.000 Lehrkräften wird dieses Angebot maximal an 7.000 gemacht. Die Altersgrenze von 42 Jahren benachteiligt den größeren Teil der Lehrerschaft. Und ob verbeamtete Lehrkräfte ausgerechnet in die Regionen gehen, wo der Mangel am größten ist, das dürfte zu bezweifeln sein.

Der Kompromiss der CDU/SPD-Koalition enthält Forderungen, die wir seit Jahren erheben, z.B. die Ausweitung der Lehramtsausbildung an den TU Chemnitz, Hebung der Stellen für Grundschullehrkräfte in die A 13/ E 13, auch die „Lehrer unterer Klassen“, hier ist zwingend eine tarifliche Regelung erforderlich; Anerkennung der Abschlüsse von DDR-Lehrern, allerdings erst nach 28 Jahren aus der Not heraus und nicht, um die Leistung der Betreffenden zu würdigen; Erhöhung der Ganztagsmittel, 20 zusätzliche Schulpsychologen.

Um dem Lehremangel endlich abzuhelfen, fordert DIE LINKE u.a. vom Kultusministerium:

eine gerechte Bezahlung für gleichwertige pädagogische Tätigkeit und einen Netto-Lohnausgleich für angestellte Lehrkräfte im Vergleich zu Beamten,
einen sechsmonatigen Vorbereitungskurs und anschließend eine berufsbegleitende Fortbildung für Seiteneinsteiger vom ersten Schultag an,
ein tarifliches Altersteilzeitmodell mit u.a. zusätzlichen Anrechnungsstunden für Lehrerinnen und Lehrer ab dem 63. Lebensjahr,
eine Weiterentwicklung der Lehrpläne zu Rahmenlehrplänen statt einer unkoordinierten Kürzung der Stundentafel ohne Einbeziehung der Betroffenen.

Auf den Anfang kommt es an. Bei der Betreuer-Kind-Relation trägt Sachsen in den Kitas mittlerweile die rote Laterne in Deutschland. Dringend notwendig ist die Verbesserung des Betreuungsschlüssels, das erfolgt zu wenig und erst mit 15 Jahren Verspätung. Wir als Linksfraktion haben einen 12-Jahres-Plan vorgeschlagen, wie man langfristig die Situation entspannen kann. Wir dürfen nicht auch im Kita-Bereich dazu kommen, dass mit Maßnahmenpaketen regiert wird.“

Freie Wähler: „Sachsen braucht mehr Weitsicht“

Die stellvertretende Landesvorsitzende Astrid Beier: „Der Fisch fängt am Kopf zu stinken an. Sachsen braucht wieder mehr Weitsicht. Wie oft hat man den Sachsen abverlangt, den Gürtel eng zu tragen und andernorts wurden exorbitante politische Kosten produziert. Klare Managementfehler der Regierung. Die FREIEN WÄHLER im Landtag werden das nicht mehr durchgehen lassen.“
Der Regierungsplan für Sachsen wird weitere Risse und Unmut in den Lehrerzimmern und in anderen Bereichen der öffentlichen Verwaltung produzieren, weil die Reparaturmaßnahmen im Lehrerbereich neue Ungerechtigkeiten schaffen. Dies alles wäre nicht nötig gewesen, wenn die bisherigen Finanzminister und Ministerpräsidenten kluge Personalplanung betrieben hätten. Die aber gibt es nicht zum Nulltarif.
Mehr als Geld und Status befriedigt auf lange Sicht ein wichtiges Ziel, eine Vision für Sachsen, hinter der sich viele sammeln. „Dies ist der neue Ministerpräsident noch immer schuldig geblieben“, so Beier. Und weiter: „Vom Kultusminister erwarten wir, dass er jenseits der Personalfragen auch inhaltliche Antworten zur Schule und Stundentafel der Zukunft gibt.“

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