Mi, 22.06.2022 , 21:55 Uhr

Zoll Dresden: viele Verfahren wegen Lohn-Trickserien

Dresden – Im vergangenen Jahr hat das Hauptzollamt 92 Verfahren gegen Unternehmen in der Region eingeleitet, weil Mindestlöhne unterschritten, zu spät oder auch gar nicht gezahlt wurden. Insgesamt verhängten die Beamten Bußgelder in Höhe vom 204.000 Euro. Das teilt die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) mit.

Die Gewerkschaft beruft sich dabei auf eine Erhebung des Bundesfinanzministeriums für den Bundestagsabgeordneten Bernhard Daldrup (SPD), der auch Mitglied im Finanzausschuss des Parlaments ist. 19 Ordnungswidrigkeiten entfielen demnach auf Baufirmen in der Region, gegen die Geldbußen von 95.100 Euro verhängt wurden.

Jörg Borowski, der IG BAU-Bezirksvorsitzende, verweist darauf, dass die Arbeit, die auf die Zolleinheit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) zukommt, mehr werde. Der Zoll sollte auch in Dresden noch mehr werden. Da die Zahl der Auftraggeber, die es nicht so genau mit der Bezahlung nehmen, steige, sagte Borowski.

Mit der geplanten Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde stiegen ab Oktober auch die Einkommen Tausender Menschen allein in Dresden. Der Staat müsse sicherstellen, dass die Beschäftigten den höheren Mindestlohn auch wirklich bekommen, meint der Bezirksvorsitzende. Der Gewerkschafter warnt vor bloßen „Placebo-Kontrollen“, sollte das Hauptzollamt Dresden die Arbeitgeber-Prüfungen nicht deutlich ausweiten. Das Bundesfinanzministerium müsse sich als oberster Dienstherr der Zollverwaltung mit Hochdruck um neue Kontrolleure kümmern, so Borowski.

Kritik übt die IG BAU zudem an einem „staatlichen Zuständigkeits-Wirrwarr“. So hätten die Arbeitsschutzbehörden beispielsweise die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften und Standards bei Unterkünften ausländischer Beschäftigter im Blick. Allerdings fehle es in den Ämtern ebenfalls an Personal – obwohl sie in der Pandemie zusätzliche Aufgaben wie die Kontrolle der Corona-Vorschriften am Arbeitsplatz bekommen hätten. Die FKS des Zolls hingegen kümmere sich um die Prüfung von Lohn- oder Steuerabrechnungen. Borowski meinte, dass eine staatliche Arbeitsinspektion in der Praxis sinnvoller wäre. Als übergeordnete Behörde könne sie für die Einhaltung der Arbeitnehmerrechte und Sozialvorschriften Sorge tragen.

Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums kontrollierte das Hauptzollamt Dresden im vergangenen Jahr insgesamt 1.419 Unternehmen in der Region – 563 davon aus der Baubranche. Im Fokus der Fahnderinnen und Fahnder standen neben Lohn-Tricksereien insbesondere auch Schwarzarbeit, illegale Beschäftigung und Steuerbetrug. Insgesamt leiteten die Dresdener Zöllner hier 3.963 Strafverfahren ein.

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