Mi, 17.01.2024 , 15:00 Uhr

Warum sagte die Stadtverwaltung tagelang nichts?

Bombenopfer-Mahnmal in Dresden heimlich entfernt - Stadt sorgt für Empörung

Dresden - Plötzlich war eine der bekanntesten Gedenkinschriften Dresdens, in Erinnerung an tausende Tote des zweiten Weltkriegs, verschwunden. Offenbar weiß niemand, wer die Entfernung zu verantworten hat - nicht Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP), ebenso wenig die Stadtverwaltung.

In Großbuchstaben war auf eine Sitzbank auf dem Dresdner Altmarkt, mitten in der historischen Altstadt, geschrieben: 

"Dies ist ein Ort der Mahnung, des Erinnerns und des Gedenkens. Hier wurden die Leichname tausender Opfer der Luftangriffe 13. und 14. Februar 1945 verbrannt. Damals kehrte der Schrecken des Krieges, von Deutschland aus in alle Welt getragen, auch in unsere Stadt zurück."

Nun ist dieser Gedenktext verschwunden - offenbar wurde er abgeschleift. Ein Nutzer der Plattform X (früher Twitter) berichtet, die Sätze seien wohl bereits am vergangenen Mittwoch entfernt worden. Kritik an der Stadtverwaltung wird laut: "Gibt es dazu eine offizielle Verlautbarung oder einen Stadtratsbeschluss?", empört sich "Hochtouren Dresden".

Tag24 berichtet sogar von einer "Flex-Aktion" auf dem Altmarkt. Während vergangenen Mittwoch tausende Bauern die Landeshauptstadt lahmlegten, soll sich ein Mann mit einem Seitenschleifer an der Gedenkstätte zu schaffen gemacht haben.

Die laute Geräuschkulisse soll, so das Online-Portal, einen Passanten aufmerksam gemacht haben. Als der Senior den Flexer ansprach, soll dieser geantwortet haben, "einem in der Stadt" gefalle die Inschrift nicht.

Zunächst weiß niemand was...

Jens Genschmar, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im Dresdner Stadtrat, sagte Sachsen Fernsehen am Montag:

"Das Thema ploppte bei mir auf, und ich habe es am Montag im Ältestenrat beim Oberbürgermeister angesprochen."

Der Oberbürgermeister habe zwar Kenntnis von dem Vorfall gehabt, allerdings wusste er, ebenso die Verwaltung nicht, wer die Maßnahme veranlasst hatte. Genschmar:

„Weil der Oberbürgermeister und seine Verwaltung, ebenso das Kulturamt, nicht Bescheid wusste, habe ich bei der Polizei eine Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt.“

Jens Genschmar ist verärgert, fragt sich, ob Dirk Hilbert Abgeordnete nicht ernst nehme...

„Oder hat er seine Verwaltung nicht im Griff? Redet die Verwaltung nicht mit dem Oberbürgermeister?

So eine Aktion, nur etwa einem Monat vor dem 13. Februar, würde Gräben nur tiefer machen. Genschmar verstehe den Sinn nicht, kritisiert auch die Kommunikation.

Die Pressestelle der Stadt Dresden reagierte am Montag auf Sachsen Fernsehen-Anfrage zunächst dünn: 

"Die Umgestaltung der Erinnerungsstätte für die Opfer der Luftangriffe des 13. und 14. Februar 1945 geschieht planmäßig."

Das ließ Raum für Spekulationen und so nutzten auch bekannte rechtsextreme Gruppen die Entfernung der Mahnung für sich, machten der Stadt schwere Vorwürfe. Die AfD Dresden fragte auf ihrem Telegram-Profil bereits nach einer politischen Motivation der Maßnahme.

Neue Entwicklung am Dienstagnachmittag:

Nach tagelangem Schweigen, meldete sich die Stadt Dresden am Dienstagnachmittag mit einer Pressemitteilung zu Wort. Demnach sei die Entfernung der Gedenkinschrift Teil einer planmäßigen Neugestaltung des Platzes. Entsprechende Absprachen seien bereits 2019 getroffen wurden, so Hilbert.

Die ausbleibende Kommunikation der Verwaltung, räumte der Oberbürgermeister als Fehler ein:

"Die Kritik in dieser Angelegenheit ist berechtigt, da wir aus kommunikativer Sicht äußerst unglücklich agiert haben. Bei Veränderungen an einem so sensiblen Erinnerungsort ist eine proaktive Kommunikation dringend erforderlich."

Vermutungen, es handle sich bei dem Abschleifen der Bank um Vandalismus, bestätigten demnach nicht. Stadtrat Jens Genschmer (Freie Wähler) hatte zuvor eine Anzeige gegen unbekannt bei der Polizei aufgegeben. Daraufhin legte Genschmer am Dienstagmittag zusammen mit Parteikollegen einen Gedenkkranz auf der Bank ab.

Auch Hilberts Parteikollegen sind vom Vorgehen der Stadt verwundert, die FDP beantragte bereits eine aktuelle Stunde im Stadtrat, um die Geschehnisse aufzuklären.

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