Leipzig- Schutzeinrichtungen für Frauen sind oft der einzige Zufluchtsort, wenn diese von ihrem Partner bedroht und geschlagen werden.
Aktuell gibt es in Sachsen 15, die jedoch fast vollständig belegt sind. Deshalb will Sachsen sein System an Schutzeinrichtungen für Frauen und Kinder ausbauen, die von Gewalt im häuslichen Umfeld betroffen sind. Jede Frau, der Gewalt widerfahre, solle schnellstmöglich die Hilfe erhalten, die sie benötig», sagte Justiz- und Gleichstellungsministerin Katja Meier (Grüne) der Deutschen Presse-Agentur in Dresden. Derzeit würden 15 Schutzeinrichtungen für Frauen und Kinder existieren. Zudem gebe es auch drei entsprechende Einrichtungen für Männer.
Meier zufolge leisten die Schutzeinrichtungen «Krisenintervention in akuten lebens- und gesundheitsgefährdenden Situationen». Durch psychosoziale Beratung und Begleitung unterstützten sie die Betroffenen dabei, in ein gewaltfreies Leben zurückzufinden. In den letzten Jahren habe man im Freistaat Sachsen bei der Bekämpfung häuslicher Gewalt ein Paradigmenwechsel eingeleitet: Aus punktueller Unterstützung und Beratung der Opfer entwickle sich ein landesweites Unterstützungsnetz mit staatlichen und nichtstaatlichen Interventionsmaßnahmen.
Meier erinnerte an den Koalitionsvertrag der sächsischen Regierung. Dort sei das Ziel formuliert, in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt eine Interventions- und Koordinierungsstelle bei häuslicher Gewalt zu etablieren. Inzwischen gebe es 11 solche Stellen, seit Juli auch im Landkreis Mittelsachsen. Anfang 2023 komme eine Stelle im Erzgebirgskreis dazu, im Jahresverlauf könnte das auch im Vogtlandkreis gelingen.
Laut Ministerium waren Mitte November 221 Frauen und Kinder in Schutzeinrichtungen untergebracht. Seit Sommer seien die Zahlen kontinuierlich gestiegen – ein Trend, den man jedes Jahr im Herbst und Winter beobachten könne. 33 Plätze wären aktuell noch verfügbar. Vor allem im Raum Zwickau und in Leipzig sei die Auslastung hoch. Im ersten Halbjahr hätten die Einrichtungen insgesamt 326 Frauen aufgenommen, die Hälfte von ihnen stammte aus dem Ausland.
Im kommenden Jahr werde man das Hilfesystem qualitativ und quantitativ erweitern, weitere spezialisierte Fachberatungsstellen und -angebote schaffen und vom Land fördern. «Die Entwicklung der Strukturen des Gewaltschutzes bewerte ich sehr positiv. Wir konnten dabei auch im Rahmen der Haushaltsverhandlungen erfreuliche Erfolge verbuchen.» Im neuen Doppeletat sei dafür pro Jahr knapp 11 Millionen Euro und damit deutlich mehr Geld vorhanden als in den Vorjahren. Im Jahr 2015 habe die Summe lediglich bei gut 1,2 Millionen Euro gelegen.
Um die Situation noch besser einschätzen zu können, hatte das Ministerium im zu Ende gehenden Jahr eine Dunkelfeldstudie in Auftrag gegeben. Sie soll Häufigkeit, Ursachen und Folgen von Gewalterfahrungen von Frauen aufdecken sowie Fragen zur Bewertung der möglichen Unterstützung klären. Denn viele Fälle von Gewalt und Bedrohungen gelangen gar nicht zur Anzeige.
Insbesondere bei sexuellen Übergriffen, aber auch bei Stalking und häuslicher Gewalt sei von einem sehr großen Dunkelfeld auszugehen. Viele Betroffene trauten sich nicht über ihre Erfahrungen zu sprechen und erhielten deshalb nicht die notwendige Hilfe. Um dem Bedarf gerecht zu werden, brauche man endlich belastbare Zahlen, sagte Meier.
In der sächsischen Kriminalstatistik für das Jahr 2021 wurden in der Rubrik «Häusliche Gewalt» 7685 Opfer erfasst - 5280 weibliche und 2402 männliche, bei drei Fällen gab es keine Angabe zum Geschlecht. Zudem wurden 6684 Tatverdächtige registriert, davon 5144 Männer.
Quelle: dpa