Dresden - Im neuen Sachsen Fernsehen-Podcast ("Junge Politik in Sachsen") übt der Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz (CDU) scharfe Kritik an seinem Parteikollegen, dem sächsischen Ministerpräsident Michael Kretschmer. Auch nach Rechts teilt Wanderwitz kräftig aus: Sächsische AfD-Mitglieder würden sich auf einer "direkten Linie" mit den Nationalsozialisten sehen. Ein Interview mit Diskussions-Zündstoff.
Viele Sachsen kennen den erzgebirgischen Bundestagsabgeordneten Marco Wanderwitz (CDU) vermutlich aus seiner Zeit als Ostbeauftragter der Bundesregierung (2020-2021). Damals sorgte er mit Aussagen, wie der, dass ostdeutsche AfD-Wähler "diktatursozialisiert" seien für breite Diskussionen. Der 1975 in Karl-Marx-Stadt geborene Politiker fand jetzt im neuen Sachsen Fernsehen-Podcast "Junge Politik in Sachsen" erneut klare Worte und attackierte AfD-Mitglieder:
"Herr Höcke und die meisten AfD-Mitglieder in Sachsen sehen sich auch in einer direkten Linie zu den Nationalsozialisten und sowas muss man verbieten."
Wanderwitz gehört zu einem breiten Bündnis, dass ein Verbotsverfahren gegen die "Alternative für Deutschland" fordert. Im Podcast gesteht der 48-Jährige ein, dass es nicht gelungen sei, die AfD mit politischen Mitteln zu bekämpfen. Doch inzwischen gehe von der Partei eine ernsthafte Gefahr für die Demokratie aus, so der CDU-Politiker:
"Wir haben politisch versucht, dass es nicht so weit kommt - wir haben entgegengehalten, aber wir waren nicht besonders erfolgreich."
Das der erste AfD-Oberbürgermeister Deutschlands in Pirna gewählt wurde, überrascht den Vater von vier Kindern nicht. Der Landkreis habe eine rechte Tradition, sagte Wanderwitz mit Blick auf die verbotene Neonazi-Gruppierung "Skinheads Sächsische Schweiz" und die Wahlerfolge der NPD in der Vergangenheit. Die geringe Wahlbeteiligung bei der Oberbürgermeister-Wahl sei "gruselig".
Der studierte Rechtsanwalt sagt im Podcast, dass er es für richtig halte, dass die nach dem ersten Wahlgang drittplatzierte Kathrin Dollinger-Knuth (CDU) nochmals angetreten sei, da der Freie Wähler-Kandidat Ralf Thiele "nicht so weit weg von AfD-Positionen" gewesen sei.
Dem neuen Pirnaer Oberbürgermeister Tim Lochner, der für die AfD ins Rennen gezogen war, sagt Marco Wanderwitz "rechtsradikales Gedankengut" nach. Das sei auch der Bevölkerung bekannt gewesen. Auch deshalb kommt der ehemalige "Ostbeauftragte" zu dem Schluss:
"(...) dass die Mehrzahl der Menschen, die jetzt in Pirna AfD gewählt hat, die AfD deswegen gewählt hat, weil sie eine rechtsradikale Partei ist und nicht trotzdem."
Für den Erfolg rechter Akteure gesteht Wanderwitz eine gewisse Mitschuld seiner Partei, der CDU, ein. Über drei Jahrzehnte christdemokratische Ministerpräsidenten Sachsen, hätten nicht gerade dazu geführt, den Blick auf die sächsische Bevölkerung zu schärfen.
"Die CDU Sachsen hat viele, viele Jahre es jetzt auch nicht darauf angelegt, dass breite Teile der Bevölkerung an der Demokratie partizipieren",
sagt Wanderwitz mit Blick auf die Politikverdrossenheit in seinem Bundesland.
Auf das Jahr 2024 mit gleich drei Landtagswahlen in Brandburg, Thüringen und Sachsen schaut der CDU-Politiker mit gemischten Gefühlen. Eine Abgrenzung nach rechts zur AfD und der gleichzeitige Zusammenhalt unter Demokraten sei wichtig. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) habe 2019 "einen tollen Wahlkampf" gemacht, aber:
"seine politischen Positionen haben sich denen der AfD angenähert und sind nicht mehr Konsens der Demokraten bis in die Mitte-Links hinein.",
übt Wanderwitz deutliche Kritik an seinem Parteikollegen. Er selbst habe jedoch schon vor einigen Monaten entschieden, nicht für die Spitzenkandidatur im anstehenden Landtagswahlkampf anzutreten. Seine politische Zukunft lässt der Sachse auf Nachfrage offen: "Ich bin bis 2025 gewählt (...) und alles weitere wird sich finden".