Di., 25.11.2025 , 13:59 Uhr

Regierung zieht nach einem Jahr eine positive Zwischenbilanz

Ein Jahr Koalition in Sachsen: Bilanz

Ein Jahr nach dem Start zieht die sächsische Koalitionsregierung Bilanz: Von Doppelhaushalt und Bürokratieabbau bis Gesundheitswesen, Bildung und Strukturwandel.

Dresden - Ein Jahr nach dem Start der Koalitionsregierung im Freistaat Sachsen hat die Staatsregierung eine positive Zwischenbilanz gezogen. Nach eigenen Angaben wurden zahlreiche Projekte angestoßen oder in die Umsetzung gebracht, vielfach unter frühzeitiger Einbindung der Opposition. Grundlage der weiteren Arbeit ist der beschlossene Doppelhaushalt 2025/2026.

Ministerpräsident Michael Kretschmer betont, Sachsen sei „auf einem guten Kurs“. Die Regierung arbeite seit einem Jahr vertrauensvoll zusammen, Ziel sei es, den Freistaat weiter voranzubringen. Mit dem Doppelhaushalt sieht er eine stabile Basis für Investitionen in Zukunftsbranchen wie Mikroelektronik und Automobilindustrie. Gleichzeitig verweist er auf Prioritäten in Bildung und Forschung, für die Kommunen, die innere Sicherheit und den sozialen Bereich. Viele Vorhaben seien bereits in der Umsetzung – vom Ausbau der Polizeiausbildung in Rothenburg über die Stärkung der Justiz bis hin zu Bürokratieabbau, Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung.

Gesundheitsministerin und Vizeministerpräsidentin Petra Köpping beschreibt die Regierung in unsicheren Zeiten als „Anker der Stabilität“. Laut ihr wurden das Gesundheitswesen stabilisiert, Entlastungen für Kommunen auf den Weg gebracht und Investitionen für einen Wirtschaftsaufschwung angeschoben. Die Regierung habe sich vorgenommen, gesellschaftliche Spannungen zu verringern und das Miteinander zu stärken. In Zusammenarbeit mit Oppositionsfraktionen seien Kompromisse gefunden worden. Für die kommenden Jahre verweist Köpping unter anderem auf den Sachsenfonds für Infrastrukturprojekte, den weiteren Doppelhaushalt sowie die Sicherung der medizinischen Versorgung in den Regionen.

Staatskanzlei: Konsultationsmechanismus, Bürokratieabbau und Digitalisierung

Die Sächsische Staatskanzlei hebt den Konsultationsmechanismus hervor, der angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Landtag eine frühzeitige Beteiligung der Opposition ermöglichen soll. Auf dieser Grundlage wurde unter anderem der Doppelhaushalt 2025/2026 vor der Sommerpause beschlossen. Als Vorsitzland der Ministerpräsidentenkonferenz koordinierte Sachsen zudem Verhandlungen, bei denen sich die Länder auf einen Anteil von 100 Milliarden Euro aus dem Bundes-Sondervermögen Infrastruktur verständigen konnten. Kommunale Vorschläge zur Entlastung wurden in bundesweite Reformprozesse eingebracht.

Mit den neu aufgelegten Sachsengesprächen sucht die Staatsregierung wieder verstärkt den direkten Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern, bisher etwa in den Landkreisen Leipzig und Zwickau. Beim Bürokratieabbau setzt die Staatskanzlei auf ein koordiniertes Maßnahmenpaket: EU-Recht soll 1:1 umgesetzt, sächsische Sonderregelungen möglichst vermieden werden. Schriftformerfordernisse werden überprüft, um persönliche Vorsprachen und Papierpflichten abzubauen. Eine ressortübergreifende Aufgabenkritik soll staatliche Aufgaben und Standards prüfen und Verwaltungsleistungen verschlanken. Parallel werden IT-Großprojekte wie ein volldigitales Personalmanagement und der Ausbau des Datennetzes vorangetrieben. Die Wohnsitzanmeldung wird über einen Online-Dienst, der unter anderem in Leipzig und Dresden pilotiert wird, schrittweise digitalisiert. Eine neue Cybersicherheitsstrategie bündelt außerdem Maßnahmen zum Schutz vor Bedrohungen aus dem Cyberraum. In der Medienpolitik werden Lokaljournalismus, die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der Jugendmedienschutz weiterentwickelt.

Soziales, Gesundheit, Gleichstellung und Verbraucherschutz

Im Bereich Gesundheit unterstützt das Sozialministerium das Modellprojekt MUBE, eine mobile Untersuchungs- und Behandlungseinheit im augenärztlichen Bereich, das vor allem den ländlichen Raum entlasten soll. Zusätzlich setzt sich das Ministerium für eine Landzahnarztquote ein und wirbt auf Bundesebene für eine umfassende Pflegereform. Ein Anpassungslehrgang für Hebammen mit ausländischem Berufsabschluss an der Universität Leipzig soll die berufliche Integration stärken.

Die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung wurde in einem Pilotprojekt im Landkreis Görlitz analysiert, Versorgungslücken wurden identifiziert und Traumaambulanzen ausgebaut. Im Öffentlichen Gesundheitsdienst stehen die digitale Modernisierung der Gesundheitsämter und die Verankerung des ÖGD in Forschung und Lehre im Fokus. Mit dem ersten Gleichstellungsbericht werden Schwachstellen im öffentlichen Dienst erfasst, parallel wird der Gewaltschutz durch neue Beratungsstellen bei häuslicher und sexualisierter Gewalt – unter anderem in Dresden und im Landkreis Meißen – ausgebaut.

Im Bereich politische Bildung verweist das Ministerium auf die Eröffnung des Dokumentationszentrums »Offener Prozess« zum NSU-Komplex in Chemnitz im Rahmen der Kulturhauptstadt 2025. Hohe Besucherzahlen und ein breites Workshop-Angebot werden als Hinweis auf die Wirkung des Bildungsortes gewertet. Mit dem Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag in Leipzig war der Freistaat Gastgeber eines großen Fachkongresses, der neue Impulse für Jugendhilfe und Standortpolitik geben sollte. Beim Verbraucherschutz wurden eine Zentralstelle für im Internet gehandelte Wirbeltiere eingerichtet, Förderstrukturen verstetigt und die Förderung der Tierschutzvereine erhöht. In der Tierseuchenbekämpfung sieht sich der Freistaat durch das zurückgehende Auftreten der Afrikanischen Schweinepest und Vorbereitungen auf Geflügelpest-Ereignisse gestärkt.

Inneres, Justiz und Sicherheit

Das Innenministerium hat eine Reformkommission eingesetzt, die Strukturen und Zuständigkeiten zwischen Landes- und Kommunalebene prüfen und Vorschläge zur Entlastung der Kommunen erarbeiten soll. Mit der neuen Fahndungsgruppe Grenze verstärkt die Polizei den Fahndungsdruck im grenznahen Raum, zunächst mit Standorten im Raum Zittau und in Pirna. Der Campus der Polizeifachhochschule in Rothenburg wird mit umfangreichen Investitionen ausgebaut, um zusätzliche Unterkünfte und moderne Trainingsmöglichkeiten für den Polizeinachwuchs zu schaffen.

Im Sportbereich verweist das Ministerium auf Veranstaltungen wie das Turnfest in Leipzig, die FINALS in Dresden und die Sportministerkonferenz in Chemnitz. Sie sollen die Rolle Sachsens als Gastgeber von Sportgroßveranstaltungen unterstreichen. Das Konzept „Berlin Plus“ für eine mögliche Olympiabewerbung wird als Beitrag zu einem bundesweiten Gemeinschaftsprojekt beschrieben.

Das Justizministerium setzt mit dem Format „Talking Rechtsstaat“ auf Dialogangebote in Stadt und Land, um über rechtsstaatliche Grundwerte und aktuelle Herausforderungen zu diskutieren. Die Inbetriebnahme der landesweiten Transparenzplattform wird auf den 1. Januar 2028 verschoben, um Bürokratie und Kosten mit den Transparenzansprüchen in Einklang zu bringen. Zur Entlastung der Justiz wurden zusätzliche Stellen bei Staatsanwaltschaften und Gerichten geschaffen. Maßnahmen aus einem Asylgipfel und Empfehlungen einer Expertenkommission sollen Asylverfahren beschleunigen und die Verwaltungsgerichte entlasten. Parallel wird der Rollout der elektronischen Verfahrensakte vorangetrieben, damit Gerichte und Staatsanwaltschaften zum 1. Januar 2026 vollständig digital arbeiten können.

Finanzpolitik, Investitionen und Kommunen

Der Doppelhaushalt 2025/2026 umfasst ein Volumen von rund 50 Milliarden Euro. Laut Finanzministerium soll die Finanzpolitik generationengerecht ausgerichtet werden, bei gleichzeitiger Ausgabendisziplin und ohne neue Kredite. Schwerpunkte liegen auf Bildung und Forschung, der Unterstützung der Kommunen sowie dem sozialen Bereich mit zusätzlichen Mitteln für Pflege, Jugendhilfe, Schulsozialarbeit und Ehrenamt. Die Polizei soll mit rund 2,9 Milliarden Euro solide ausgestattet werden, zugleich wird die medizinische Versorgung im ländlichen Raum über Telemedizin gestärkt.

Mit einer Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes wird die finanzielle Absicherung von Einsatzkräften bei schweren Dienstunfällen erhöht. Unfallentschädigungen für verletzte Beamtinnen und Beamte sowie Hinterbliebene werden deutlich angehoben. Zugleich investiert der Freistaat in Bau- und Kulturprojekte – etwa in das Landgestüt Moritzburg, den weiteren Ausbau des Dresdner Residenzschlosses und die Sanierung des Dresdner Zwingerhofs. Aus einem Bundes-Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität stehen dem Freistaat mehreren Milliardenbeträge zur Verfügung, von denen ein Großteil in kommunale Infrastruktur fließen soll.

Bildung, Wissenschaft, Kultur und Tourismus

Im Schulbereich soll ein Maßnahmenpaket mit 21 Punkten den Unterrichtsausfall reduzieren. Dazu gehören die Stärkung der Oberschulen, neue Regelungen bei Altersermäßigungen und Anrechnungsstunden sowie der Einsatz digitaler Möglichkeiten. Nach Angaben des Kultusministeriums geht der Unterrichtsausfall erstmals seit zehn Jahren zurück, besonders an Oberschulen. Nach einem „Handygipfel“ ist ein landesweites Verbot privater Handys an Grundschulen geplant, flankiert von weiteren Gesprächen zur Medienkompetenz an weiterführenden Schulen. Mit dem Kita-Kompromiss werden Personalschlüssel verbessert und der Bildungsplan überarbeitet.

In der Wissenschaftspolitik baut der Freistaat die Lehrkräftebildung aus, unter anderem mit Modellprogrammen und neuen Studiengängen an mehreren Hochschulen. Die neu gegründete Duale Hochschule Sachsen soll den akademischen Fachkräftebedarf der Wirtschaft gezielt unterstützen. Durch erfolgreiche Exzellenzcluster an der TU Dresden und der Universität Leipzig fließen zusätzliche Bundesmittel in die Forschung. Wissenschaftliche Verbindungsbüros im Ausland sollen Austausch und Fachkräftegewinnung fördern. In den Braunkohlerevieren werden Forschungsplattformen etabliert, etwa zu Kreislaufwirtschaft und Mobilität. Der Freistaat investiert zudem in Hochschulbau, studentische Infrastruktur und moderne Forschungstechnik – etwa in Leipzig, Chemnitz, Mittweida und Dresden. Weitere Schwerpunkte sind der Ausbau des Mikroelektronikstandortes im Rahmen des European Chips Act sowie eine Strategie zur Energieforschung, inklusive Beteiligung an einer länderübergreifenden Fusionsallianz.

Kultur- und Tourismuspolitik werden enger verzahnt. Die Kulturhauptstadt Europas 2025 Chemnitz wird intensiv begleitet, erste Bilanzzahlen zeigen steigende Besucherzahlen und Übernachtungen. Das geplante Brückenjahr 2026 soll Strukturen und Netzwerke verstetigen. 2026 steht zudem ganz im Zeichen der jüdischen Kultur in Sachsen mit über 200 geplanten Veranstaltungen. Investitionen fließen in das Karl-May-Museum in Radebeul und den Ausbau der Deutschen Raumfahrtausstellung in Morgenröthe-Rautenkranz. Im Tourismus setzt der Freistaat auf Ganzjahrestourismus, Wander- und Radtourismus sowie Mountainbike-Angebote. Verschiedene neue Projekte und Studien sollen die Qualität und Profilierung der Reiseziele stärken.

Umwelt, Landwirtschaft, Wasser und Artenschutz

Das Umwelt- und Landwirtschaftsministerium hat sich in Brüssel für einen mehrjährigen Finanzrahmen eingesetzt, der die Struktur sächsischer Betriebe berücksichtigt. Mit der „ÜbersLand“-Tour sucht das Ministerium den Austausch in allen Regionen. Die Auswertung des großen Waldbrandes in der Gohrischheide dient als Grundlage für bessere Prävention, etwa durch Schneisen, Technik und abgestimmte Meldeketten. Beim Bürokratieabbau in der Agrarförderung wurden Antragsverfahren vereinfacht, insbesondere bei Agrarumwelt- und Ökolandbauprogrammen. Investitionen in Höhe von rund 2,1 Millionen Euro unterstützen die Land- und Ernährungswirtschaft.

Die Staatsregierung arbeitet an einer langfristigen Sicherung der Wasserversorgung, etwa durch ein Niedrigwasserrisikomanagement und die Entfristung einer Förderrichtlinie für die Siedlungswasserwirtschaft. Millionenbeträge aus dem Klimafonds sollen in Verbundlösungen und Anpassungsmaßnahmen fließen. Beim Artenschutz stehen Wolf und Luchs im Fokus. Sachsen beteiligt sich an bundesweiten Abstimmungen zur rechtssicheren Entnahme schadstiftender Wölfe und passt das Luchs-Projekt „RELynx Sachsen“ an, um Artenschutz und Akzeptanz vor Ort zu verbinden.

Infrastruktur, Strukturwandel, Wirtschaft und Energie

Das Infrastrukturministerium arbeitet an einem Masterplan Südwestsachsen, um die vom Wandel in der Automobilbranche betroffene Region zu stärken. Es geht unter anderem um Diversifizierung der Wirtschaft, Infrastruktur, Mobilität, Wissenschaft und Daseinsvorsorge. Ein neuer Landesentwicklungsplan wird in einem breiten Beteiligungsverfahren erarbeitet. Die Bauverwaltung wird digitalisiert, der digitale Bauantrag befindet sich im flächendeckenden Rollout. Mit einer Änderung des Straßengesetzes sollen Planungsverfahren beschleunigt und der Ausbau von Radwegen und Mobilfunk vereinfacht werden. Bei Bahnprojekten wie Dresden–Görlitz und Geithain–Chemnitz übernimmt der Freistaat eigene Planungsleistungen, um den Ausbau voranzubringen. Für den Strukturwandel in den Kohleregionen werden Bundesmittel in umfangreiche Projekte in Lausitz und Mitteldeutschem Revier gebunden, etwa für Forschungseinrichtungen oder neue Mobilitätsangebote.

Im Wirtschaftsministerium stehen Investitionen von fast einer Milliarde Euro pro Jahr für Wirtschaft, Arbeit, Energie, Digitalisierung und Bergbau bereit. Gefördert werden Zukunftsindustrien, Innovationscluster wie „Robotics Saxony“, der Halbleiterstandort Dresden, die Biotechnologie und neue Produktionsstandorte, etwa die Endmontagelinie der Deutschen Aircraft am Flughafen Leipzig/Halle. Ein Recyclingzentrum für Lithium-Akkus in Kamenz wird als Beitrag zur Kreislaufwirtschaft unterstützt. Vereinfachte Regelungen zur Rückzahlung von Corona-Soforthilfen sollen Unternehmen entlasten. Mit Blick auf Fachkräftesicherung, Außenwirtschaft und Diversifizierung der Exportmärkte verweist das Ministerium auf Aktivitäten der Fachkräfteallianz und zahlreiche Auslandsreisen.

In der Energie- und Klimapolitik setzt Sachsen auf kommunale Wärmeplanung, Ertragsbeteiligung von Kommunen an erneuerbaren Energien, Reparaturbonus für Verbraucher und Maßnahmen zur Klimaanpassung. Die Lausitz bewirbt sich als Net Zero Valley der EU, um klimaneutrale Industrieansiedlungen zu fördern. Praxischecks und digitale Förderverfahren sollen Bürokratie im Wirtschaftsbereich reduzieren.

Ausblick

Die Koalitionsregierung bewertet das erste Jahr ihrer Arbeit als erfolgreich und sieht wesentliche Projekte in Umsetzung oder Vorbereitung. Mit Doppelhaushalten, Strukturwandelprogrammen, Investitionen in Infrastruktur, Bildung, Forschung und Verwaltung sowie mit Dialogformaten und Beteiligungsprozessen will sie den eingeschlagenen Kurs in den kommenden Jahren fortsetzen.