Di, 22.03.2022 , 06:50 Uhr

Geflüchtete seien keine Lückenfüller für den Fachkräftemangel

Sachsen - Die sächsische Arbeitsagentur hält es für falsch, Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine als Lückenbüßer für den Arbeitsmarkt zu betrachten.

«Diese Menschen fliehen nicht, um unseren Fachkräftebedarf zu decken, sondern weil ihr Land angegriffen wurde», sagte Behördensprecher Frank Vollgold am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Es sei nicht angemessen zu spekulieren, den Fachkräftebedarf über Geflüchtete abfedern zu wollen: «Wir sind alle betroffen über das Leid, das den Menschen in der Ukraine zugefügt wird. Diese Menschen, vor allem Frauen und Kinder, suchen bei uns Schutz und Sicherheit in einer unvorstellbaren Situation.»

Vollgold zufolge ist das Ausmaß der Migration aus der Ukraine aktuell nicht präzise einschätzbar. Mit Blick auf den Arbeitsmarkt müsse zuerst geklärt werden, ob Geflüchtete überhaupt mittel- bis langfristig hierbleiben können und wollen. 

Mitte 2021 seien rund 2300 Menschen aus der Ukraine sozialversicherungspflichtig in Sachsen beschäftigt gewesen. Auffällig sei deren Qualifikationsniveau. 1058 von ihnen hätten eine Berufsausbildung, rund 217 eine Qualifikation auf dem Niveau von Meister und Techniker, knapp 570 seien Akademiker. Etwa jeder fünfte (21 Prozent) arbeite auf Helferniveau.

Laut Statistik sind von den rund 2300 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 1400 Frauen, fast 1900 sind zwischen 25 und 55 Jahre alt. Die meisten arbeiteten im Verarbeitenden Gewerbe (245), im Handel (235), im Bereich Immobilien und im Gesundheitswesen und Sozialwesen (je 227), hieß es. Der Bereich Erziehung und Unterricht stehe mit 177 zu Buche. Das Gros (64 Prozent) arbeite in Städten, die meisten in Dresden (656) und Leipzig (600).

Die Bundesagentur für Arbeit in Sachsen sieht sich für die Nachfrage Geflüchteter nach einem Arbeitsplatz gut aufgestellt. «Wir haben in den Jahren ab 2015 umfangreiche Erfahrungen im Kontext Flucht/Asyl sammeln können, gute und funktionierende Netzwerke aufgebaut, auf die wir jetzt zurückgreifen können», erklärte Vollgold.

Im Zusammenhang mit dem Krieg hatte die EU ihre Richtlinie für den sogenannten Massenzustrom aktiviert. Damit sollen Schutzsuchende zeitnah Sozialleistungen bekommen und arbeiten dürfen. «Wie das genau vom Gesetzgeber ausgestaltet werden wird, ist aktuell noch nicht klar. Wir erwarten erste Hinweise vom Gesetzgeber in Kürze», teilte die Regionaldirektion der Bundesagentur mit. Bei Erteilung der Aufenthaltserlaubnis sei der Zugang zum Arbeitsmarkt gestattet.

«Das bedeutet: Geflüchtete Frauen und Männer, die eine gültige Aufenthaltserlaubnis haben und eine Arbeit oder Ausbildung suchen, können sich an die Agentur für Arbeit in ihrem aktuellen Wohnort wenden», hieß es abschließend. Deren Personal helfe dabei, indem es berate, vermittle und auch finanziell unterstütze. So könnten etwa die anfallenden Kosten für Bewerbungen und Vorstellungsgespräche übernommen oder Qualifizierungslehrgänge bezahlt werden – sofern ausreichende Deutschkenntnisse vorlägen. (dpa/sn)

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