Di., 25.02.2025 , 17:30 Uhr

Sachsen, Leipzig

Abzocke im Wohnheim? Studenten kämpfen gegen Mietsteigerungen

Bezahlbarer Wohnraum wird in Leipzig immer knapper – auch für Studierende. Viele von ihnen sind auf Wohnheime angewiesen, doch die Stimmung dort ist angespannt. Die Studenten wehren sich gegen drastische Mieterhöhungen, kritisieren den schlechten Zustand der Wohnheime und beklagen die mangelnde Transparenz bei den Mietpreisen. Was hinter dem Protest steckt und wie die Verantwortlichen auf die Vorwürfe reagieren, hat der SACHSEN-FERNSEHEN-Reporter für unser Investigativ-Format "re:port" aufgedeckt.

Leipzig – eine der beliebtesten Studentenstädte Deutschlands. Rund 30.000 Studierende leben hier und kämpfen um bezahlbaren Wohnraum. Doch während die Mietpreise für private Wohnungen in die Höhe schießen, sind auch die Wohnheime des Studentenwerks Leipzig keine Ausnahme. Die aktuelle Situation: fünf Mietsteigerungen in weniger als drei Jahren und Unmut unter den Studierenden. Was läuft schief in den Wohnheimen? Und warum ist die Stimmung dort so aufgeheizt?

Mischa Lauterbach, Student aus Leipzig - Protest gegen hohe Mieten in Wohnheimen

Der Preiskampf in den Wohnheimen

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Leipzigs Mietmarkt zunehmend unerschwinglich wird. Innerhalb der letzten zehn Jahre stiegen die Nettokaltmieten um ein Drittel, wie das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung berichtet. Mitunter die  einzige Hoffnung auf bezahlbaren Wohnraum für Studenten: die Wohnheime des Studentenwerks Leipzig. Doch auch hier steigt der Druck. Ende 2024 wurden die Mieten im Studentenwerk zum fünften Mal in weniger als drei Jahren erhöht.

„Ich zahle mittlerweile 275 Euro für ein 14 Quadratmeter großes Zimmer. Und das, obwohl die Wohnheime in einem katastrophalen Zustand sind“, kritisiert Mischael Lauterbach, Biologiestudent an der Universität Leipzig. Der 23-Jährige ist einer von 100 Studenten, die sich über die stetig steigenden Mietkosten und die in ihren Augen mangelhafte Transparenz bei der Preisgestaltung ärgern und dagegen protestieren. „Ich weiß nicht mal, wie meine Miete zustande kommt und sich die Betriebskostenabrechnung zusammensetzt“, so Lauterbach.

Die Mieten in Leipzig sind grundsätzlich seit Juli 2022 durch die Mietpreisbremse gedeckelt – eine Regelung, die jedoch nicht für Studentenwohnheime gilt, da diese als Sozialwohnraum gelten und nach speziellen Verordnungen kalkuliert werden. 

Mängel und schlechte Bedingungen

Während die Studenten sich über die hohen Preise ärgern, kämpfen sie zudem auch mit maroden Zuständen in ihren Wohnungen, wie sie sagen. „Es ist einfach unzumutbar“, sagt Lena, eine 19-jährige Jura-Studentin, die seit einigen Monaten in einem Wohnheim des Studentenwerks Leipzig  lebt. „Das Fenster in meinem Zimmer ist undicht, und die Heizung funktioniert nicht richtig. Es ist immer kalt. Außerdem höre ich ständig die Straßenbahn. Das macht einen stressfreien Studienalltag unmöglich.“ Trotz kürzlicher Sanierungen sind die Bedingungen für die Studierenden problematisch, zeigen Aufnahmen, die Mischa Lauterbach aus allen 15 Wohnheimen des Studentenwerks Leipzig zusammengetragen hat. Die Videos zeigen überflutete Waschräume, kaputte Fahrstühle, abgesplitterte Türrahmen und abgebröckelten Putz sowie Heizungen, die nicht funktionieren. 

“Das sind einfach Sachen, die nicht mehr in dem Zustand sind, in dem sie sein sollten für die Preise, die wir bezahlen. Wir fordern ja in keiner Weise Luxuswohnraum ein. Wir wollen, dass wir günstig wohnen können und sind dafür auch total bereit, unter Studentenwohnheimsbedingungen zu leben. Aber momentan passt das einfach nicht zu dem, was wir zahlen und was wir jetzt auch noch draufzahlen sollen mit der jetzigen Mieterhöhung”, so Mischa Lauterbach.

Doch nicht nur die Mängel an den Wohnheimen stoßen auf Kritik. Die hohe Anzahl der Mieterhöhungen, die in den letzten Jahren durchgeführt wurden, sorgt bei vielen für Frust.

Monika Schwarzenberg vom Studentenwerk Leipzig im Interview mit Reporter Jonas Juckeland
Mängel in Wohnheimen

Die Rechtfertigung des Studentenwerks

Das Studentenwerk Leipzig, als gemeinnützige Einrichtung des öffentlichen Rechts, verteidigt die Mieterhöhungen. Monika Schwarzenberg, Sprecherin des Studentenwerks, erklärt, dass die Mieterhöhungen notwendig seien, um die laufenden Kosten zu decken und das Defizit zu vermeiden. „Ohne diese Anpassungen könnten wir die Instandhaltung der Wohnheime nicht sichern“, so Schwarzenberg.

Seit 2014 habe das Studentenwerk Leipzig die Mieten in ihren Wohnheimen  nicht erhöht. Die letzte Anpassung gab es 2022 – damals seien die Betriebskosten gestiegen, vor allem durch höhere Energiepreise infolge des Ukraine-Kriegs. Der sächsische Landtag in Dresden. Um bezahlbares studentisches Wohnen zu sichern, sieht das Studentenwerk Leipzig die Politik zunehmend in der Verantwortung. Dabei erhält es seit 2018 bereits staatliche Zuschüsse, seit 2023 auch Mittel aus dem Bund-Länder-Programm „Junges Wohnen“. Ohne diese Förderungen wären die Mieten noch höher, so das Studentenwerk. Im zuständigen sächsischen Wissenschaftsministerium ist das Problem bekannt, jedoch hat der Freistaat keinen Einfluss auf die Höhe der Mieten. Die Verantwortung liege beim Studentenwerk. Zitat:

„Durch die hohen Investitionen der Studentenwerke in die Wohnheime steigt der Wohnkomfort – und damit auch die Mietpreise.“

Die Politik steht unter Druck

Die Politik sieht die Verantwortung für die steigenden Mieten immer bei den Studentenwerken. „Die hohen Investitionen in die Wohnheime führen zu einem besseren Wohnkomfort, was wiederum die Mietpreise nach oben treibt“, erklärt ein Sprecher des sächsischen Wissenschaftsministeriums. Doch für viele Studierende ist dies kein Trost. Im Gegenteil: Sie sehen sich durch die hohen Mietpreise und die schlechten Wohnbedingungen immer mehr unter Druck gesetzt.

Juliane Nagel, Linken-Politikerin aus Leipzig, kritisiert die Lage scharf: „Es gibt einen klaren Mangel an bezahlbarem Wohnraum für Studierende in Leipzig. Wer es ins Studentenwerk schafft, hat noch Glück. Viele müssen sonst auf überteuerte, möblierte Zimmer ausweichen, die viel zu teuer sind.“

Nagel fordert, dass das Wissenschaftsministerium mehr Geld in die Studentenwerke steckt, um die Mietpreise zu stabilisieren und eine faire Preisgestaltung zu gewährleisten. „Die Studierenden dürfen nicht die Zeche für die maroden Wohnheime zahlen“, so Nagel weiter.

Fazit: Der Kampf um bezahlbaren Wohnraum

Der Streit um die Mietpreise in Leipzig zeigt einmal mehr, wie drängend das Thema des bezahlbaren Wohnraums - auch für Studierende ist. Während die Verantwortlichen auf eine notwendige Anpassung der Mieten zur Deckung der Kosten hinweisen, bleibt für viele Studierende der Eindruck einer unzureichenden Transparenz und der schlechten Wohnqualität. Der Unmut wächst, und die Forderungen nach faireren Preisen und besseren Bedingungen werden immer lauter.

 

Lena (19) beklagt kaputte Heizung, undichtes Fenster und Straßenbahn-Lärm in ihrem Wohnheimzimmer