Die Albert Schweitzer Stiftung erhebt schwere Vorwürfe gegen Deutschlands größten Lebensmittelhändler: Bei einer Untersuchung von über 500 Proben der Edeka-Eigenmarke „Gut & Günstig“ seien in 94,5 Prozent sogenannte „White Stripes“ festgestellt worden – weiße Fettstreifen im Fleisch, die laut Stiftung auf Qualzucht hinweisen. Diese entsteht, wenn Masthühner genetisch darauf ausgelegt sind, innerhalb kürzester Zeit extrem schnell zu wachsen. Das führe zu körperlichem Leid, da Knochen und Muskulatur mit dem Wachstum nicht mithalten könnten.
Die Ergebnisse der Untersuchung sorgen bei der Stiftung für Empörung – und haben bundesweit Proteste ausgelöst. Auch in Leipzig gingen Aktivistinnen und Aktivisten auf die Straße. Ihr Ziel: Edeka soll sich der Europäischen Masthuhn-Initiative (ECC) anschließen. Diese sieht strengere Tierschutzstandards vor, unter anderem den Einsatz langsamer wachsender Rassen und mehr Platz für die Tiere.
Edeka stellt sich sehr grün dar und als nachhaltig, die Preise sind teurer, aber trotzdem machen sie nicht bei der Initiative mit, bei der es darum geht, dass es keine Qualzucht mehr gibt,
kritisiert die Koordinatorin der Albert Schweitzer Stiftung in Leipzig.
Edeka weist die Vorwürfe zurück. Das Unternehmen erklärte:
Das Auftreten von White Striping alleine ermöglicht noch keinen Rückschluss auf den allgemeinen Gesundheitszustand der Tiere. Hier spielen viele weitere Faktoren wie Genetik, Fütterung oder Bewegungsaktivität eine Rolle.
Zudem könne White Striping in allen Haltungsformen auftreten.
Die Albert Schweitzer Stiftung widerspricht. Erst ab Haltungsform 3 seien überzüchtete, schnell wachsende Rassen ausgeschlossen und die Tiere hätten mehr Platz zur Bewegung. White Striping komme in diesen Haltungsformen deutlich seltener vor. Die Aussage, es gebe keinen Zusammenhang zwischen Haltung und White Striping, sei „einfach falsch“. Zudem wirft die Stiftung Edeka vor, vom eigentlichen Problem abzulenken, indem das Unternehmen den öffentlichen Fokus auf sich selbst als unfair darstellt.
Ein weiterer Kritikpunkt der Aktivistinnen und Aktivisten: Während Handelsketten wie Rewe, Lidl und Aldi bereits angekündigt haben, die ECC-Kriterien umzusetzen, fehlt von Edeka bisher eine klare Position. Zwar verweist der Konzern auf eigene Maßnahmen wie die Mitbegründung der „Initiative Tierwohl“ und den geplanten Umstieg auf höhere Haltungsformen bis 2030 – doch laut Stiftung fehlt es bislang an konkreten Schritten.
Statt eines sachlichen Dialogs dominiert derzeit ein öffentlicher Schlagabtausch. Beide Seiten beanspruchen, im Sinne des Tierwohls zu handeln – doch die Wege dorthin scheinen verschieden.