Chemnitz- Künstliche Intelligenz kann heute nicht nur Texte schreiben und Bilder malen, sondern auch Stimmen täuschend echt nachahmen. Für viele eine technische Meisterleistung – für andere eine Gefahr. Vor allem dann, wenn echte Menschen hinter diesen Stimmen stehen. Auf der Games-Convention ShiroCo in Chemnitz schlugen Synchronsprecher Alarm und forderten klare Regeln für den Einsatz von KI.
Künstliche Intelligenz – eine der größten Errungenschaften unseres Jahrzehnts, vielleicht sogar unseres Jahrhunderts. Ob Texterstellung, Bildgenerierung oder Sprachmodelle – alles entwickelt sich rasant weiter. Texte werden klarer und verständlicher, Bilder immer realistischer, Stimmen zunehmend menschlicher. Doch es regt sich Widerstand gegen die vermeintlichen Wunderwaffe. Kritiker sprechen mitunter vom größten Diebstahl geistigen Eigentums in der Geschichte. Millionen Werke – Texte, Stimmen, Kunstwerke – wurden und werden genutzt, um KI-Systeme zu trainieren. Oft ohne Wissen oder Zustimmung der Urheber. Ein Thema, das auf der Shiroco in Chemnitz heiß diskutiert wurde. Die Games-Convention, bekannt für ihre exotischen Outfits und Cosplayer, ist auch Treffpunkt zahlreicher prominenter Synchronsprecher. So war dieses Jahr Peter Flechtner zugegen – die deutsche Stimme von Ben Affleck. Flechtner sei keineswegs grundsätzlich gegen KI – es gehe ihm vielmehr um ihre Anwendung. Und nicht nur die Nachahmung realer Stimmen steht für den Synchronsprecher im Fokus. Es sei heute technisch möglich, echte Charaktere zu kombinieren, um daraus völlig neue Stimmen zu erschaffen – jedoch auf Basis fremden geistigen Eigentums. Und das könne nicht akzeptiert werden.
Auch andere Synchronsprecher spüren den Wandel. Darunter Marios Gavrilis – die Stimme hinter vielen gefeierten Titeln der Szene. Im Interview mit Sachsen Fernsehen mahnt der 40-Jährige: Man dürfe KI nicht verteufeln, sondern müsse sich aktiv mit ihr auseinandersetzen – schließlich gehe es um die Zukunft der gesamten Branche. Um auf die Lage aufmerksam zu machen, initiierte der Verband Deutscher Sprecher eine Petition auf OpenPetition. Knapp 75.000 Unterschriften kamen zusammen – auch die von Peter Plate, Urheber der deutschen Tonspur von Bugs Bunny. Der Sprecher fordert neben mehr Regulierung eine Kennzeichnungspflicht für KI-generierte Stimmen. So könne jeder Hörer bewusst entscheiden, ob er einer echten oder künstlichen Stimme lauschen möchte oder eben nicht. Auch Peter Flechtner unterstützt diesen Vorschlag. Und längst sei man nicht mehr in der Theorie unterwegs: Ein großer Streaminganbieter habe bereits auf die Forderung reagiert.
Künstliche Intelligenz vereinfacht bereits heute viele Abläufe, spart Zeit und damit Kosten. Daraus lässt sich ablesen, dass KI in Zukunft eher zu- als abnehmen wird – vermutlich schneller, als ein neuer Bugs-Bunny-Blockbuster gezeichnet ist. Vielmehr wird künftig ein genauer Blick auf die Spielregeln nötig sein – nicht nur technisch, sondern auch rechtlich und ethisch.