Mo., 01.12.2025 , 18:00 Uhr

Obdachlos im Winter: Wie Obdachlose täglich ums Überleben kämpfen

Wenn in Leipzig die Temperaturen fallen, beginnt für Menschen ohne festen Wohnsitz die härteste Zeit des Jahres. Einer von ihnen ist Kevin. Seit acht Jahren lebt er auf der Straße – zusammen mit seinem Hund Kerry, seinem einzigen Schutz in den Nächten. Er möchte im Beitrag nicht erkannt werden: Seine Familie soll ihn so nicht sehen.

Die Nächte sind halt hart. Wenn es im Osten bitterkalt ist, dann ist das schon.

sagt er. Wie überstehen Menschen wie Kevin und Markus den Leipziger Winter – und wer hilft ihnen wirklich? 

 

Immer mehr Menschen ohne Unterkunft 

Offiziell zählt die Stadt Leipzig 965 obdachlose Menschen. Doch die tatsächliche Zahl liegt höher: Wer in Zelten oder improvisierten Lagern schläft oder bei Bekannten unterkommt, erscheint in keiner Statistik. 

Sozialpädagogin Anne Hermann beschreibt die Lage deutlich: 

Wir haben laut Statistik in Leipzig fast 1000 gezählte Obdachlose, aber die Dunkelziffer ist natürlich viel größer. Die Notschlafstellen sind einfach bei weitem nicht ausreichend.“ 

Zwar bietet die Stadt im Winter rund 300 Schlafplätze sowie Notunterkünfte, Tagestreffs und einen Hilfebus – doch die Versorgungslücke bleibt bestehen. 

 

Warum viele Obdachlose Unterkünfte meiden 

Nicht jede und jeder schläft in den vorhandenen Einrichtungen. Viele obdachlose Menschen meiden Übernachtungsangebote – aus unterschiedlichen Gründen: Enge, Konflikte, Angst vor Gewalt oder Diebstahl. Manche dürfen ihre Hunde nicht mitbringen. 

Die Folge: Viele schlafen weiterhin draußen – in Parks, Hauseingängen oder selbstgebauten Lagern am Stadtrand. 

 

Markus: Ein Leben im Zelt – und der Kampf zurück 

Markus lebt seit Monaten zwischen zwei Welten: nachts im Obdachlosenheim, tagsüber in einem provisorischen Zeltlager. Seit zwei Monaten sucht er mit seinem Betreuer nach einer Wohnung – ohne Erfolg. Schulden und Schufa-Einträge verhindern, dass Vermieter überhaupt antworten. 

Es ist ja nicht so, dass ich auf der Straße leben will

sagt Markus. 

Früher lebte er komplett draußen, selbst im Winter.

Die Nächte im Wald waren eiskalt.

erzählt er. Um sein Zelt zu wärmen, nutzte er eine kleine Gaskartusche. Ein lebensgefährliches Risiko. 

Sind auch schon viele abgebrannt. Also nur im Zelt gerade und Zelt Flamme fängt. Da kommst du nicht mehr raus.

erinnert er sich. 

Doch die Gefahr kam nicht nur von innen. Markus berichtet auch von Angriffen durch Unbekannte: angezündete Zelte, Überfälle, nächtliche Bedrohungen. 

Die denken, wir spielen Obdachlose oder kommen mit uns nicht klar. Wir sind für die Mehrheit der Fußabtreter.

Trotz allem kämpft er. Markus ist seit Jahren clean, lebt substituiert – doch der Weg in eine eigene Wohnung bleibt schwer. 

 

Wie Leipzigerinnen und Leipziger helfen können 

Die Frage, die viele bewegt: Was hilft obdachlosen Menschen im Winter wirklich? 

Sozialarbeiterin Anne Hermann sagt: 

Dann vielleicht tatsächlich auch mal Nahrungsmittel vorbeibringen, dicke Decken (…) Die meisten sind da auch offen und nehmen das dann dankend an.

Am dringendsten benötigt werden: 

Auch ein kurzer Hinweis an den Hilfebus oder die Notübernachtungen kann Leben retten, wenn man draußen jemanden sieht, der offensichtlich Hilfe braucht. 

 

Menschen, die sichtbar bleiben müssen 

Die Geschichten von Kevin und Markus stehen stellvertretend für viele, die den Leipziger Winter unter extremen Bedingungen überstehen müssen. Hinter jeder Person auf der Straße steckt ein Schicksal, das man von außen kaum erkennt. 

Und manchmal macht schon eine kleine Geste einen großen Unterschied.