Chemnitz- Drei Jahre Krieg, drei Jahre Leid: Der Angriff Russlands auf die Ukraine jährt sich im Februar. Und während der Ukraine weiter um ihre Freiheit kämpft, gewinnt eine heikle Diskussion an Fahrt: Gebietsabtretungen an Russland als Preis für Frieden. Mit Trumps möglicher Rückkehr in die Weltpolitik wird dieses Szenario wieder laut diskutiert. Doch wie blickt die ukrainische Gemeinschaft in Chemnitz auf derartige Gedankenspiele?
Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands in der Ukraine jährt sich im Februar zum dritten Mal. Die Zahl der Toten soll mittlerweile in die Hunderttausende gehen. An Bilder wie jene aus Bucha, dem ersten bekannt gewordenen Massaker der Aggressoren auf fremdem Boden, hat sich die Welt längst gewöhnt. Sorgten die Aufnahmen von hingerichteten Zivilisten zu Beginn des Krieges noch für internationales Entsetzen, scheint sich die Welt inzwischen an das Unfassbare gewöhnt zu haben. Bilder von Gleitbombenangriffen auf Wohnviertel schaffen es kaum noch auf die Titelseiten. Auch politisch scheint sich der Wind gedreht zu haben: In Deutschland sprechen sich mit der BSW und der AfD gleich zwei Parteien gegen eine Fortsetzung der Waffenlieferungen aus. Und mit der Amtseinführung von Donald Trump wird nun auch offen diskutiert, was vor Jahren noch als "No-Go" galt: das Einfrieren des Konflikts – zur Not auch mit Gebietsabtretungen an Moskau.
Passend dazu vermeldet Trump, dass ein Treffen mit Putin ansteht. Laut Zeitungsberichten soll dabei die Anerkennung territorialer Realitäten, also das Abtreten der besetzten Gebiete an Russland, eine Rolle spielen. Ein Gedankenspiel, das nicht neu ist: Schon 2023 hatte Sachsen-Fernsehen im Gespräch mit Thomas de Maizière, dem ehemaligen deutschen Verteidigungsminister, das Thema aufgegriffen. Der Spitzenpolitiker fand damals keine Antwort auf die Frage, ab wann der Blutzoll – das Sterben von Menschen in der Ukraine – ein Maß erreicht habe, bei dem Gebietsabtretungen diskutiert werden sollten.
Trotz anhaltender Waffenlieferungen des Westens und der langsam wirkenden Sanktionen führt Putin den Angriffskrieg mit unveränderter Härte fort. Festzuhalten bleibt jedoch auch, dass eventuelle Gebietsabtretungen ohne die Einbeziehung der Ukraine undiskutabel sein sollten.
Dmytro Remestvensky lebt seit Jahrzehnten in Deutschland. Der gebürtige Ukrainer betreut seit Ausbruch des Krieges Flüchtlinge in Chemnitz und gilt als gut vernetzt in der ukrainischen Community der Stadt. Diese schaut laut Remestvensky bis heute skeptisch auf derlei Diskussionen. Gebietsabtretungen kämen dem Aggressor entgegen und erinnern aus seiner Sicht an das Agieren Deutschlands vor dem Zweiten Weltkrieg. Aus Sicht des gebürtigen Ukrainers müsse man allerdings trennen zwischen den Menschen im Kriegsgebiet und den Flüchtlingen hier vor Ort. Diese seien weit weg vom Geschehen und hätten dadurch einen anderen Blick auf die Ereignisse in dem osteuropäischen Land.
Die militärische Lage in der Ukraine gilt als äußerst angespannt. Trotz hoher Verluste scheint das Momentum aktuell beim russischen Aggressor zu liegen. Das erklärt auch, warum der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ebenfalls Gebietsabtretungen ins Spiel bringt – allerdings unter der Bedingung einer sofortigen Aufnahme des angegriffenen Landes in die NATO.