Chemnitz- In diesen Tagen kurz vor den Bundestagswahlen häufen sich die sogenannten vor Ort Termine der Politiker, die ins Parlament einziehen wollen. Gut vorbereitet soll dann in Interviews bleibender Eindruck hinterlassen werden. Das funktioniert allerdings nur, wenn die nachgefragten Themen erwartbar sind. Beim Besuch des FDP-Bundestagsabgeordnete Torsten Herbst am Mittwoch in Chemnitz musste sich der Politiker allerdings Fragen gefallen lassen, die man in herkömmlichen Politikerinterviews wohl kaum verorten würde.
Umwelt, Wirtschaft, Migration – vielleicht auch Bildung. Die Stichworte in Interviews mit Bundestagsabgeordneten kurz vor den Wahlen orientieren sich meist an gesellschaftlich relevanten Themen. Es ist anzunehmen, dass der FDP-Bundestagsabgeordnete Torsten Herbst bei seinem Besuch der Kulturhauptstadt Chemnitz 2025 am Mittwoch vermeintliche Antworten auf all diese Fragen im Gepäck hatte. Doch auspacken musste er diese nicht, denn manchmal kommt es eben anders, als man denkt. Im Klassenzimmer der Friedrich-August-III.-Oberschule angekommen, beantwortete der Abgeordnete zunächst Fragen unseres Reporters Sascha Deß zum Thema Schulbildung. Doch dieser holte kurzerhand die Schulkinder mit ins Boot.
Die erste Frage zielte auf auf das Aufgabengebiet des Politikers im Parlament ab. Die Antwort des Politikers passte dann auch zum aktuellen Unterrichtsfach: Ohne Mathe, so erklärte er, wäre er in seinem Ausschuss im Bundestag aufgeschmissen. Womit Torsten Herbst sicher nicht gerechnet hatte, war die Hartnäckigkeit der Nachwuchsreporter. Eine Schülerin hakte beim Thema Mathe direkt nach und brachte den Politiker zumindest ein wenig aus der Fassung. Er sei gut gestartet, im Abitur habe dann allerdings im Fach Mathematik nur eine 2 oder 3 zu Buche gestanden. Die letzte Frage eines Schülers konnte der Bundestagsabgeordnete allerdings nicht beantworten. Zugegebenermaßen ist es auch relativ schwierig einzuschätzen, wie wichtig man ist.
„Gebt den Kindern das Kommando“, textete Herbert Grönemeyer 1986 auf seinem Album Sprünge. Ob das immer gut gehen würde, lassen wir mal offen – aber als Nachwuchsreporter haben die Schülerinnen und Schüler mit ihrer erfrischend direkten, manchmal naiv-charmanten Art das Interview ordentlich aufgemischt. Ihre Fragen hatten eine Ehrlichkeit, die selbst die abgebrühtesten Reporter vor Ort kurz schlucken ließ. Ein Perspektivwechsel, der zeigt, dass Politik überraschend spannend sein kann – wenn man sie durch Kinderaugen sieht.