Mo, 18.12.2023 , 12:49 Uhr

"CDU hat die Maske fallen lassen"

Nach Sieg der AfD in Pirna - Freie Wähler attackieren CDU, Grüne fordern selbstkritische Analyse

Pirna - Nach der Wahl des AfD-Kandidaten zum Oberbürgermeister in Pirna haben die sächsischen Freien Wähler die CDU scharf kritisiert.

Die CDU habe es nicht fertiggebracht, sich hinter den nach dem 1. Wahlgang zweit platzierten Kandidaten der Freien Wähler zu stellen, sagte Thomas Weidinger, Landeschef der Freien Wähler in Sachsen.

«Stattdessen hat man mit dem nochmaligen Antritt der CDU-Kandidatin bewusst in Kauf genommen, für die AfD den Steigbügelhalter zu spielen.»

Die CDU habe die Maske fallen lassen, man sei sich nicht zu schade, sich von SPD, Grünen und Linken unterstützen zu lassen, um zum Ziel zu kommen, betonte Weidinger.

«Die Menschen sehen jetzt, dass man den Äußerungen von Ministerpräsident Kretschmer keinen Glauben schenken kann. Sein Bashing gegen die Grünen ist unglaubwürdig.»

Die unterlegene CDU-Kandidatin Dollinger-Knuth sah das noch am Wahlabend anders. Man hätte alle Kräfte hinter dem politischen Angebot versammelt, dennoch habe sich der Wähler anders entschieden. Laut ihr hätten sich die Freien Wähler entschlossen, allein weiterzumachen und damit den Weg für einen AfD-Erfolg geebnet. Beides gelte es zu akzeptieren.

Die Grünen haben nach dem Sieg des AfD-Kandidaten bei der Oberbürgermeisterwahl in Pirna eine selbstkritische Analyse angemahnt. Christin Furtenbacher, Co-Vorsitzende der Grünen in Sachsen:

"Der Wahlsieg Tim Lochners in Pirna erschreckt uns und stellt einen Dammbruch für Sachsen dar. [...] Es wäre völlig falsch, jetzt ganz Pirna über einen Kamm zu scheren. Die Mehrheit der Pirnaer*innen hat nicht die AfD gewählt. Im Wahlkampf sind Bündnisse in der Stadt gewachsen, die fest entschlossen sind, die Demokratie zu stärken. Darauf wollen wir aufbauen und weiter den Dialog mit den Bürger*innen suchen."

Marie Müser, Co-Vorsitzende der sächsischen Grünen ergänzt:

"Der Wahlsieg in Verbindung mit der niedrigen Wahlbeteiligung von 53 Prozent zeigt deutlich, dass demokratische Parteien, natürlich auch wir Grüne, zu viele Menschen aktuell nicht erreichen. Alle demokratischen Parteien müssen an einen Tisch kommen und selbstkritisch analysieren, wieso dies der Fall ist und was wir ändern müssen."

Linke-Fraktionschef Rico Gebhardt sah am Wahlabend einen «schwarzen Tag» nicht nur für die Stadt Pirna. Laut ihm, sei es den Wählenden egal ob eine Partei als gesichert rechtsextrem eingestuft ist, sie würden sie bewusst trotzdem wählen. Innenminister Armin Schuster äußerte sich verhalten über die Plattform X. Laut Schuster gelte es, den Wählerwillen aus Pirna zu respektieren. 

Der Deutsche Städtetag hat besorgt auf den Sieg des AfD-Kandidaten bei der Oberbürgermeisterwahl in Pirna reagiert. Präsident Markus Lewe am Montag in Berlin:

«Die Bürgerinnen und Bürger von Pirna haben entschieden. Das ist Demokratie, das Ergebnis beunruhigt uns im Deutschen Städtetag aber sehr. Denn es zeigt, dass vielerorts ein Riss durch unsere Gesellschaft geht in einer Zeit, in der wir mehr Zusammenhalt und gemeinsames Engagement brauchen, um die Veränderungen und Herausforderungen zu meistern, vor denen wir stehen.»

Mit Tim Lochner hatte am Sonntag erstmals ein Kandidat der AfD eine Oberbürgermeisterwahl in Deutschland gewonnen. Der 53-Jährige erhielt nach dem vorläufigen Endergebnis rund 38,5 Prozent der Stimmen. Dahinter rangieren Kathrin Dollinger-Knuth (CDU) mit rund 31,4 Prozent und der parteilose Ralf Thiele mit rund 30,1 Prozent, der für die Freien Wähler ins Rennen ging. In der ersten Runde lag der AfD-Kandidat mit knapp 33 Prozent der Stimmen klar vorn. Dahinter rangierten Thiele mit 23,2 und Dollinger-Knuth mit 20,3 Prozent. (mit dpa)

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