Mo, 12.07.2021 , 16:12 Uhr

Sildenafilcitrat nun doch als Medikament im Kontext Angina pectoris?

Sildenafilcitrat ist ein Inhibitor, welcher das Enzym PDE5 blockiert und eigentlich nur im Zusammenhang mit dem Thema Potenzhilfsmittel bekannt und die Entspannung des glatten Muskelgewebes verhindert. Schon frühere Studien hatten aber gezeigt, dass PDE5-Hemmer sich vorteilhaft bei Patienten mit einer Herzinsuffizienz auswirken, indem sie den Lungenarterienwiderstand verringern und schützende Effekte in Situationen mit niedrigem Blutfluss entfalten.

Durch diese Anwendungsmöglichkeit kehrt nun vielleicht der Wirkstoff Sildenafilcitrat zu seinem ursprünglichen Zweck zurück: Ab dem Jahr 1989 testeten britische Wissenschaftler Sildenafilcitrat als Medikament zur Behandlung von Bluthochdruck und Angina pectoris. In den 1990er Jahren bemerkten die Forscher dann bei frühen Versuchen mit dem Medikament eine interessante Nebenwirkung, nämlich eine Zunahme der Erektionen, was zu einer der größten Erfolgsgeschichten beim Vertrieb eines Medikaments führte. Der Pharmakonzern Pfizer ließ Sildenafil 1996 als Viagra patentieren, und in nur zwei Jahren hatten Ärzte in den USA mehr als 40.000 Rezepte für das neue Wundermittel ausgestellt.

Es verbessert auch die Belastungstoleranz bei Patienten mit Herzinsuffizienz. Außerdem fällt ein Herzinfarkt, sollte er trotzdem eintreten, nicht ganz so schwer aus. Laut Forschungsergebnissen im Journal BMC Medicine hilft der Wirkstoff bei Herzproblemen. Forscher analysierten dies durch randomisierte Studien, die zwischen Januar 2004 und Mai 2014 veröffentlicht worden waren, und wählten 24 Studien mit gemischten Patientenpopulationen aus, die mit PDE-5-Hemmern oder einem Placebo behandelt wurden. PDE-5-Hemmer wurden Männern verabreicht, die kardiovaskuläre Störungen hatten, die aber nicht unbedingt an sexueller Impotenz litten. Die Studie ergab, dass der Inhibitor bei Patienten mit linksventrikulärer Hypertrophie, einer Verdickung und Vergrößerung des Herzmuskels, eine Formveränderung des Herzens verhinderte. Das Medikament verbesserte auch die Funktion des Herzens bei Patienten mit einer Reihe von weiteren Herzerkrankungen.

Hauptautor der Studie ist Dr. Andrea M. Isidori, ein Professor für Endokrinologie von der Sapienza Universität in Rom. Er sagt, dass weitere klinische Studien dringend notwendig sind, um auf diesen Ergebnissen aufzubauen. Prof. Isidori merkte an, dass, dass diese Studien ausschließlich an Männern durchgeführt wurden. Deshalb sollte der nächste größere Schritt eine Studie an Frauen sein. Es ist möglich, dass Frauen anders auf PDE-5-Hemmer reagieren als Männer. Es kann zum Beispiel sein, dass diese Medikamente mit Östrogen interagieren, von dem bekannt ist, dass es schützende Eigenschaften für das Herz hat.

Tatsächlich fanden die Forscher heraus, dass das Medikament die Effizienz verbesserte, wenn das Herz Blut in die Gefäße pumpte und sich zwischen den Schlägen entspannte. Nur sehr wenige Medikamente, die in der Kardiologie verwendet werden, können diese Vorgänge tatsächlich beeinflussen. Aus diesem Grund ist ihre Bedeutung für die Behandlung und Vorbeugung von Herzinsuffizienz enorm.

Bemerkenswerter Weise verwiesen einige Probanden, die auf Grund ihrer Erektionsstörung in Behandlung sind und prinzipiell ja mit dem gleichen Medikament behandelt werden, viel lieber auf ihre Herzinsuffizienz oder ihren Bluthochdruck, denn so mussten sie nicht mehr Impotenz als Grund für den Erwerb oder die Einnahme von Sildenafil angeben, sondern können auf ein Herzproblem verweisen.

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