Do, 31.10.2019 , 13:28 Uhr

Herrscht in Dresden der "Nazi-Notstand"?

Dresden - Die neue Legislaturperiode des Dresdner Stadtrats hat gerade erst begonnen, doch diese Debatte dürfte noch länger nachhallen. Was vor einigen Wochen mit der flapsigen Initiative von Die Partei-Stadtrat Max Aschenbach begann, in Dresden offiziell den "Nazi-Notstand" auszurufen, entwickelte sich am Mittwochabend zu einer hoch emotionalen Grundsatzdebatte über Meinungsfreiheit und historische Verantwortung im höchsten Gremium der Landeshauptstadt:

Während es von Seiten der Linken und SPD, die den Antrag gemeinsam mit den drei fraktionslosen Stadträten eingebracht hatten, sowie den Grünen Zustimmung für den Vorstoß gab, kritisierten ihn die anderen Fraktionen für seine Wortwahl und mögliche Signalwirkung scharf. Doch auch aus dem linken Lager kam Kritik. Tilo Wirtz, der bereits bei der letzten Stadtratssitzung mit seinem "Nein" zum Klimanotstand seiner Fraktion die Gefolgschaft verweigerte, ließ auch diesmal mit seinem Plädoyer für Meinungsfreiheit auf beiden Seiten aufhorchen. Tatsächlich sprach Aschenbach in seiner Rede sogar wortwörtlich von "Nazis", die "im Stadtrat vertreten seien". Dass der Satiriker damit höchstwahrscheinlich die AfD-Fraktion meint, ist ein unausgesprochenes Geheimnis. Diese ließ den Frontalangriff allerdings unbeantwortet und brachte stattdessen einen Ersetzungsantrag ein, der Extremismus auf allen Seiten ins Visier nehmen solle. Stadtrat Johannes Lichdi wollte es dabei aber nicht beruhen lassen und spielte auf einen Zwischenfall im Hygienemuseum an, bei dem sich laut Aussage des Grünenpolitikers der AFD-Stadtrat Heiko Müller der Verbreitung antisemitischer Verschwörungstheorien wohlwollend beistand.

Am Ende der fast anderthalbstündigen Debatte verabschiedete der Stadtrat den bedeutungsschweren Antrag. Konkrete Handlungsaufträge sind darin nicht enthalten. Seine Bedeutung in und außerhalb des Rathauses wird sich aber möglicherweise dennoch in der näheren Zukunft zeigen.

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