Dresden – Ein ambitioniertes Projekt nimmt Fahrt auf: Eine Radsport-Initiative aus Deutschland will den Start der Tour de France 2030 nach Ostdeutschland holen. Das sogenannte "Grand Départ Allemagne" soll ein sportliches Großereignis im Zeichen der deutschen Einheit werden – doch bei den Organisatoren der Tour scheint der Plan bislang kaum angekommen zu sein.
„Das höre ich nun von Ihnen zum ersten Mal“, reagierte Thierry Gouvenou, der Streckenplaner der Tour de France, auf eine entsprechende Nachfrage der Zeit. Dabei seien derzeit 250 bis 300 Bewerbungen im Umlauf, um überhaupt Etappenort der Tour zu werden, so der ehemalige Radprofi. Für den prestigeträchtigen Grand Départ gelten jedoch noch einmal deutlich höhere Anforderungen – auch finanziell.
Der Verein hinter dem Vorhaben machte die Idee nach der Bundeshauptversammlung des Verbandes German Cycling öffentlich. 2030 jährt sich die Wiedervereinigung Deutschlands zum 40. Mal – ein symbolträchtiger Anlass, der laut den Initiatoren durch einen Tour-Auftakt in Ostdeutschland gewürdigt werden soll. Auch die Politik unterstützt das Projekt: Der sächsische Landtag begrüßte die Pläne ausdrücklich.
Konkrete Etappen-Ideen liegen bereits vor: Eine erste Etappe könnte von Dresden nach Gera führen – inklusive der legendären Steilen Wand von Meerane. Ein Zeitfahren von Halle nach Leipzig steht als zweite Etappe im Raum. Die dritte Tagesetappe könnte von Erfurt nach Magdeburg führen.
Prominente Stimmen aus dem deutschen Radsport begrüßen das Vorhaben: Teamchef Ralph Denk vom Team Red Bull-Bora-hansgrohe bezeichnete es als dringend nötig, wieder mehr große Sportevents nach Deutschland zu holen. Auch der frühere Weltmeister im Zeitfahren, Tony Martin, sieht Potenzial: Ein Grand Départ in Ostdeutschland könne ein starkes Signal für den deutschen Radsport sein.
German-Cycling-Präsident Bernd Dankowski sprach sich in der FAZ für eine konsequente Weiterverfolgung der Idee aus: „Wir müssen auf allen Ebenen daran arbeiten, dass so etwas wieder möglich wird.“ Er verwies auf Deutschlands große Radsport-Tradition und betonte die gestiegene Popularität des Sports in den vergangenen Jahren.
Doch der Aufwand ist enorm – vor allem finanziell. Für einen Etappenstart verlangt die ASO (Amaury Sport Organisation) 100.000 Euro, für das Etappenziel 130.000 Euro. Der Grand Départ selbst sei deutlich teurer: Rund 4,5 Millionen Euro veranschlagt Gouvenou allein für Sicherheits- und Organisationsmaßnahmen. Der Verein rechnet insgesamt mit einem Finanzbedarf von etwa 20 Millionen Euro – verspricht sich aber Einnahmen für die Region in Höhe von bis zu 200 Millionen Euro.
Die kommenden Tour-Auftakte sind bereits vergeben: 2026 beginnt die Tour de France in Barcelona, 2027 in Edinburgh. Die letzten Auslandsstarts fanden unter anderem in Dänemark, Spanien und Italien statt. Sollte der Osten Deutschlands den Zuschlag für 2030 erhalten, wäre es erst das zweite Mal nach Düsseldorf 2017, dass die Frankreich-Rundfahrt in Deutschland startet.